Kein Ende in Sicht: Wie sich unser Arbeitsleben verändert hat

Zwei Jahre danach: Wie sich unser Arbeitsleben verändert hat

Die Coronavirus-Pandemie hat das Arbeitsleben in Deutschland grundlegend geprägt. Doch welche Auswirkungen hatte sie konkret? Wir werfen einen Blick auf die deutlichsten Veränderungen.

Dauerbrenner Digitalisierung

Bereits im Frühjahr 2020 untersuchte die Bertelsmann-Stiftung im Rahmen einer Sonderstudie mögliche Auswirkungen der Pandemie auf das Arbeitsleben. Die dabei befragten Experten für Digitalisierung, Technologie und Künstliche Intelligenz machten zwei grundsätzliche Tendenzen aus. Einerseits, so vermuteten die Experten, würde Corona die digitale Entwicklung von Unternehmen beschleunigen. Die räumliche und zeitliche Verteilung der Arbeit würde sich langfristig neu orientieren. Eine verringerte Arbeitsleistung sahen die Experten nicht: 87 Prozent der Befragten gingen davon aus, dass im Homeoffice mindestens genauso viel gearbeitet werde wie im regulären Büro.
Die zunehmende Digitalisierung führe, so nahmen die Befragten an, zu einer Veränderung der Organisation von Arbeitsprozessen. 44 Prozent glaubten daran, dass sich die Führungskultur von Kontrolle hin zu Vertrauen wandeln würde.

Nachhaltigkeit nach Corona

Der zweite gravierende Faktor war laut der Studie eher Pessimismus hinsichtlich Nachhaltigkeit. Weniger Dienstreisen, weniger Flüge und eine Verringerung des Pendelverhaltens hätten keine langfristige Wirkung. Lediglich 17 Prozent der damals Befragten gaben an, auch nach der Krise eine dauerhafte und flächendeckende Entwicklung zu einem nachhaltigeren Lebensstil zu erwarten.

Heimweh der Führungskräfte

Ein paar Monate später, im März 2021, trat eine Art Heimweh der Führungskräfte nach ihrem Büro ein. Das fand die Bertelsmann-Stiftung in einem Führungskräfte-Radar in Kooperation mit dem Reinhard-Mohn-Institut der Universität Witten/Herdecke heraus. Zwar hätten die Führungskräfte mehrheitlich keine geringere Produktivität ihrer Mitarbeiter festgestellt, auch nicht im Homeoffice. Dafür aber fürchteten sie eine Entfremdung und einen Verlust des Austauschs mit ihren Mitarbeitern. Online wie auch offline verlangte die Krise nun einen neuen Führungsstil. „Nicht “Sagen, wo’s langgeht”, sondern den gemeinsamen Weg zu finden, war der Kern des Führens in den ersten Wellen der Corona-Pandemie”, erklärte Guido Möllering vom Reinhard-Mohn-Institut.

Martin Spilker, Experte für Führung und Unternehmenskultur bei der Bertelsmann Stiftung, warnt in einer Pressemeldung: „In der Homeoffice-Zeit könnte der emotionale und soziale Kontakt zwischen Führung und Mitarbeitenden abreißen.“ 44,3 Prozent der so befragten Führungskräfte gaben an, dass sich die Mitarbeiter weniger austauschen könnten als vor der Pandemie. 45,7 Prozent sagten, sie könnten ihre Mitarbeiter als Führungskraft nicht mehr in einem gewünschten Maße unterstützen.

Gemeinsam einsam

Der Mental Health Report eines deutschen Versicherers legte zudem offen, dass bereits im Juni 2020 32 Prozent der befragten Deutschen angaben, eine Verschlechterung ihrer psychischen Gesundheit zu bemerken. Wie das Gesundheitsmagazin MediSinn berichtet, versuchten leistungsorientierte Mitarbeiter, dies mit einem noch größeren Arbeitspensum und Überstunden zu kompensieren. Dadurch wuchs das Risiko eines Burnouts bei den Betroffenen. Eine zweite gefährdete Gruppe litt an zunehmender Isolation und Entfremdung vom Unternehmen.

Ein neuer Egoismus?

Die Arbeitsforscherin Jutta Rump wiederum sah im vergangenen Juni die Zeit der hybriden Arbeitsmodelle gekommen. In der Tagesschau gab sie an, dass Unternehmen flexiblere Konzepte vorlegen müssen, um auf Dauer überleben zu können. Weiterhin warnte sie vor der Gefahr eines globalen Verteilungskampfes aufgrund verringerter staatlicher Ressourcen.

Nachhaltige Digitalisierung

Und wie sieht der Status Quo aus? Damit befasste sich der Branchenverband Bitkom im vergangenen November. Bei einer repräsentativen Befragung von insgesamt 600 Unternehmen mit mindestens 20 Beschäftigten kam heraus, dass immer noch viele Arbeitgeber Homeoffice und Mobile Work zulassen (81 Prozent). Ein Viertel (23 Prozent) der Unternehmen plant, nach der Pandemie die Homeoffice-Regelungen weiter aufrechterhalten zu wollen. 45 Prozent wollen die Maßnahmen jedoch stufenweise zurücknehmen, ein weiteres Viertel (27 Prozent) will künftig vollständig vom Homeoffice absehen.

1.250 Euro für Homeoffice

Abschließend rechnet Bitkom damit, dass der Trend zu mobilem Arbeiten anhalten dürfe. Die grundlegenden Veränderungen, die die Coronavirus-Pandemie angestoßen hatte, seien nicht mehr umkehrbar. Arbeitgeber müssten sich darauf einstellen, neue Bedürfnisse hinsichtlich der Arbeitsmodelle zu bedienen. Vonseiten der Politik seien nun Anreize gefordert, um Unternehmen und Arbeitnehmern das Homeoffice schmackhafter zu machen. „Wer im Homeoffice arbeitet, leistet nicht nur einen aktiven Beitrag im Kampf gegen die Pandemie, sondern auch gegen den Klimawandel“, sagte Achim Berg, Bitkom-Präsident, dazu. Arbeitnehmer sollten die im Homeoffice entstehenden Kosten bis zu einer Höhe von 1.250 Euro pro Jahr als Werbungskosten absetzen dürfen.

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