Zwischen Grund und Kapital: Wenn das Erbe teuer wird

Rekord bei der Erbschaftssteuer: So viel geben Deutsche weiter
Portrait of senior woman standing outdoors against colorful natural autumn background, eyes closed.

Private Haushalte sparen immer mehr Kapital an. Das hat deutliche Auswirkungen auf Erbsummen und Schenkungen: 2020 hat das Finanzamt auf Erbschaften und Schenkungen so viele Steuern festgesetzt wie nie zuvor. Doch wer muss überhaupt Steuern zahlen, wenn er erbt? Und wer profitiert am meisten?

Was ist der Freibetrag?

Wer in den vollen Genuss eines Erbes kommt, legen die Steuerklassen nach § 15 und § 16 des ErbStG fest. Je nach Verwandtschaftsverhältnis steigt der Freibetrag, soll heißen, die Erbsumme darf größer sein, ohne dass eine Steuer fällig wird. Seit 2011 gelten die folgenden Steuerklassen:

  • 1/1: Ehegatte, Lebenspartner
  • 1/2: Kinder und Stiefkinder sowie Kinder (verstorbener) Stiefkinder
  • 1/3: Kinder noch lebender Stiefkinder
  • 1/4: Andere Abkömmlinge der Stiefkinder, (Adoptiv) Eltern und Voreltern (nur bei Erwerb von Todes wegen)
  • 2: (Adoptiv) Eltern und Voreltern (nur bei Schenkungen), Geschwister, Nichten und Neffen, Stiefeltern, Geschiedene Ehegatten, aufgehobene Lebenspartnerschaft, Schwiegerkinder und Schwiegereltern
  • 3: Übrige Erwerber und Zweckzuwendungen

Die Steuerklasse 1/1 darf dabei am meisten erben, ohne Steuern zu zahlen. Ehegatten und Lebenspartner haben einen Freibetrag von 500.000 Euro. Danach folgt die Klasse 1/2 mit einem Freibetrag von 400.000 Euro, Klasse 1/3 mit 200.000 Euro und 1/4 mit 100.000 Euro. Steuerklasse 2 darf bis zu 20.000 Euro erben, bevor eine Steuer fällig wird – genau wie Steuerklasse 3.

Rekorderbe in Deutschland

Im Jahr 2020 hat der Staat so viele Steuern auf Erbschaften und Schenkungen festgesetzt wie nie zuvor. Im Vergleich zum Vorjahr stiegen die festgesetzten Steuern um ein Fünftel, die zu versteuernden Erbschaften und Schenkungen spülten 8,5 Milliarden Euro in die Staatskassen. Das teilte jüngst das Statistische Bundesamt mit. In einer entsprechenden Publikation legte das Bundesamt zunächst die Höhe des steuerpflichtigen Erwerbs insgesamt offen: Dieser betrug im Jahr 2020 mehr als 46,8 Millionen Euro. Der Erwerb von Todes wegen nahm hier einen Anteil von über 31,7 Millionen Euro ein. 15,1 Millionen Euro entfielen auf Schenkungen, Stiftungen machten eine Summe von knapp 130.000 Euro aus.

Zusammensetzung der Erbsumme

Weiterhin dokumentierte das Statistische Bundesamt die Gesamtheit der steuerlichen Erwerbe (laut Definition die Bereicherung der Erwerberin oder des Erwerbers, soweit sie nicht steuerfrei ist) nach deren Höhe. Dabei lässt sich feststellen, dass die steuerpflichtigen Erwerbe zwischen 10.000 Euro und 50.000 Euro mit über 50.000 Fällen den Großteil aller solcher Bereicherungen ausmachen. Danach folgen steuerpflichtige Erwerbe mit einer Summe von 50.000 bis 100.000 (28.600 Fälle), welche mit einer Summe zwischen 100.000 Euro und 200.000 Euro (25.400 Fälle) und Erwerbe, die zwischen 200.000 und 300.000 Euro schwer waren. Zuletzt übertraf die Zahl der steuerpflichtigen Erwerbe mit einer Summe von über 500.000 Euro die der Erwerbe unter 5.000 Euro.

Grund oder Kapital

Zuletzt zeigt das Statistische Bundesamt auch die Summe des reinen Nachlasses, also der Gesamtheit aller Vermögenswerte und Schulden. Und zwar aufgeteilt in land- und forstwirtschaftliches Vermögen, Grundvermögen, Betriebsvermögen und übriges Vermögen. Hier machte das „übrige Vermögen“ mit fast 74.000 Fällen die große Mehrheit aller Erbfälle aus. Fast 50.000 Fälle entfielen zudem auf Grundvermögen, 10.600 Fälle auf forst- und landwirtschaftliches Vermögen. Mit wenig mehr als 5.200 Fällen machte das Betriebsvermögen den kleinsten Anteil aus. Rund 73.000 Fälle von Nachlassverbindlichkeiten (Hypotheken, Steuerschulden, Verbindlichkeiten, Erbfallkosten und Schulden, die mit dem erworbenen Vermögen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen), schmälerten die Erben der Deutschen im Jahr 2020.

Der Westen erbt mehr

Nach Schätzungen des DIW könnten die Deutschen jährlich bis zu 400 Milliarden Euro vererben oder verschenken. Insgesamt habe sich das Nettovermögen der privaten Haushalte in den vergangenen 20 Jahren auf 13,8 Billionen Euro verdoppelt. Tendenziell, so berichtet das Deutsche Institut für Wirtschaft (DIW) Berlin, profitieren ohnehin schon vermögende Erben mehr von weiteren Erbsummen. Die obersten zehn Prozent aller Empfänger erhalten fast die Hälfte aller Erbschaften und Schenkungen. Und auch der Wohnort spiele eine große Rolle: So erben die Ostdeutschen im Schnitt seltener und auch weniger als Westdeutsche.

Titelbild: ©Halfpoint/ stock.adobe.com