Gela Allmann: „Aufgeben ist keine Option“

Gela Allman

Gela Allmann ist nicht nur eine beeindruckende Extremsportlerin, sondern auch ein Symbol für unerschütterliche Willenskraft. Ihre außergewöhnliche Geschichte ist von Höhen und Tiefen geprägt, sowohl im wörtlichen als auch im übertragenen Sinne. Nachdem sie bei einem schweren Unfall 2014 fast ihr Leben verlor, kämpfte sich die Ausnahmeathletin mit Entschlossenheit, Mut und Ausdauer zurück ins Leben – und auch in den Sport. Heute meistert sie wieder die Herausforderungen des Bergsports, inspiriert andere mit ihrer Geschichte und vermittelt in Coachings und Seminaren starke Lektionen über Mut, Mindset und das Überwinden von Ängsten. Für DELA+ haben wir sie im österreichischen Leogang für ein exklusives Interview getroffen.

Von den Bergen fasziniert – wie alles begann

Eine tiefe Verbundenheit zu den Bergen prägt Gela Allmann schon von kleinauf. Im Interview beschreibt sie, wie sie durch die Wanderungen mit ihren Eltern den Zugang zu ihrer Leidenschaft fand. Doch erst später, während ihres Sportstudiums, erkannte sie auch ihr sportliches Ausnahmetalent: „Ich habe gemerkt, dass ich schnell bin und eine besondere Begabung für das Laufen in den Bergen habe. Das hat mich gepackt.“ Diese Leidenschaft führte sie schließlich zum Extremsport, in dem sie bemerkenswerte Erfolge feierte.

Der Unfall und der lange Weg zurück

2014 bei Fotoaufnahmen auf Island änderte sich Gela Allmanns Leben schlagartig. Das Team verließ die übliche Skitourenroute und näherte sich dabei einem steilen, vereisten Hang. Plötzlich rutschte Gela Allmann unkontrolliert ab und wurde über 800 Meter weit talabwärts geschleudert.

Sie stürzte über einen Felsvorsprung und überschlug sich mehrmals, dabei prallte sie wiederholt gegen Felsen. Sowohl ihr rechtes als auch ihr linkes Knie wurden schwer verletzt, ebenso wie ihre linke Schulter. Zudem rissen Muskeln, Bänder, Sehnen und die Hauptarterie im rechten Bein, ihr rechtes Bein war bis zur Operation acht Stunden lang ohne Blutversorgung. Erst 100 Meter oberhalb des Fjords konnte sie den Fall mit letzter Kraft abbremsen. Mit dem Rettungshubschrauber wurde sie in das Landspítali Universitätskrankenhaus in Reykjavík transportiert, wo sie notfallmedizinisch versorgt wurde. Später wurde sie dann nach Deutschland geflogen, für weitere Behandlungen und Operationen.

Mit beeindruckender Willenskraft stellte sich Gela in den folgenden Wochen und Monaten der größten Herausforderung ihres Lebens:

„Für mich war klar: Aufgeben ist keine Option.“

Der Weg zurück war hart, geprägt von Rückschlägen und Ängsten, aber Gela Allmann kämpfte sich Stück für Stück wieder ins Leben zurück. Heute lebt Gela mit ihrer Familie und ihren zwei Kindern.

Der Umgang mit Ängsten: „Mut ist nicht die Abwesenheit von Angst“

Sehr offen spricht Gela im Interview darüber, wie stark das Trauma des Unfalls sie bis heute bewegt: „Gerade im Winter, wenn ich wieder auf Schnee unterwegs bin, kommen die Erinnerungen hoch. Dann schlägt mein Herz schneller, die Angst ist wieder da.“ Doch anstatt die Angst zu verdrängen, begegnet sie ihr mit Achtsamkeit und Bedacht:

„Es ist wichtig, sich den Ängsten zu stellen, aber auch darauf zu hören, was man an einem bestimmten Tag leisten kann. Es geht darum, sich selbst zu respektieren und die eigene Komfortzone bewusst zu erweitern.“

Mentale Stärke als Kraftquelle

Im Laufe ihrer Karriere und umso mehr durch den Unfall hat sie gelernt, wie wichtig psychische Kraft und Widerstandsfähigkeit sind: „Mentale Stärke bedeutet, Herausforderungen anzunehmen und sich nicht von Rückschlägen unterkriegen zu lassen.“ Ihre positive Lebenseinstellung ist ansteckend: „Jeder Tiefpunkt ist eine Chance, zu wachsen.“ Durch Techniken wie Atemübungen und Reflexion ihrer Ängste habe sie gelernt, auch schwierige Situationen zu meistern und daraus immer wieder neue Kraft zu schöpfen.

Ihr neues Ziel: 8.848 Höhenmeter

Obwohl Gela Allmann nicht mehr an Wettkämpfen teilnimmt, setzt sie sich weiterhin ambitionierte Ziele. Ihr nächstes großes Vorhaben: 8.848 Höhenmeter, die Höhe des Mount Everest, an einem einzigen Tag zu bewältigen. Dafür will sie 17 Mal denselben Berg erklimmen. „Es geht nicht nur um das körperliche Training. Es ist auch eine mentale Herausforderung, so oft den gleichen Weg zu gehen.“ Ihre beiden Kinder sind ebenso sportbegeistert wie sie. Was gibt sie ihnen mit auf den Weg? „Dass sie versuchen, ihr Ding zu machen. Dass sie sich trauen, ihr Leben zu gestalten und zugleich aufeinander aufpassen – und dabei vor allem respektvoll im Umgang mit anderen Menschen sind. Gerade das geht in unserer heutigen, schnelllebigen Zeit leider viel zu häufig unter.“

Titelbild: © NewFinance