Polizisten sind im Berufsalltag einer außergewöhnlichen Belastung ausgesetzt, die sie besonders anfällig für psychische Traumata macht. Ständige Konfrontationen mit Gewalt, Leid und menschlichem Elend sind in diesem Beruf keine Seltenheit, sondern oft die Regel. Einsätze bei schweren Unfällen, häuslicher Gewalt, Verbrechen oder auch Auseinandersetzungen mit gewalttätigen Personen fordern nicht nur körperlich, sondern greifen auch tief in die Psyche ein. Hinzu kommt die Verantwortung, in kritischen Momenten Entscheidungen treffen zu müssen, die über Leben und Tod entscheiden können – sowohl das eigene als auch das von anderen.
Ein Arbeitsalltag, der eine gute Absicherung der Arbeitskraft erfordert. Versicherungsmakler Kai Buczinski hat sich als Finanzcop der Beratung von Polizisten verschrieben – nachdem er selbst einige Jahre im Polizeidienst tätig war. Wichtig für ihn in der Beratung: Die persönliche Situation der Polizisten, wie er auf DELAplus schildert: “Im Innendienst arbeiten Polizisten oft am Schreibtisch. Aber jeder Polizist kann jederzeit in den Streifendienst versetzt werden oder muss Waffen tragen, was besondere Anforderungen an die Gesundheit stellt. Bei der Dienstunfähigkeitsabsicherung beispielsweise wird oft diskutiert, ob die Polizeivollzugsdienst- und Fähigkeitsklausel benötigt wird. Für SEK-Beamte kann es schwierig sein, sich gegen Dienstunfähigkeit abzusichern, weshalb ich oft rate, die Versicherung abzuschließen, bevor sie zum SEK wechseln.“
Der richtige Schutz ist für Polizisten besonders wichtig, damit Traumata aus dem Berufsalltag nicht im Privaten zum finanziellen Albtraum werden.
Man weiß nie, was kommt!
Ein besonders belastender Faktor in der Polizeiarbeit ist das Gefühl der Unvorhersehbarkeit, wie Sybille Loew, Psychologin der Münchener Insel, auf DELAplus erklärt: “Polizisten sind natürlich geschulte Personen und werden während ihrer Ausbildung und Berufserfahrung auf extreme Situationen vorbereitet. Dennoch können auch sie in unvorhergesehene Situationen geraten.” Das Problem: Jeder Einsatz kann unerwartet eskalieren, und Polizisten müssen jederzeit auf das Schlimmste gefasst sein. Diese ständige Wachsamkeit geht oft mit chronischem Stress einher und hinterlässt Spuren. Die psychischen Schutzmechanismen, die Polizisten aufbauen, um im Einsatz funktional zu bleiben, wirken zwar kurzfristig, können aber langfristig zu Problemen führen. Emotionale Abstumpfung und ein „Abschalten“ von Gefühlen im Einsatz können sich auch auf das Privatleben übertragen und das Risiko für psychische Erkrankungen wie Depressionen oder posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) erhöhen.
„Die unsichtbaren Wunden”: Was genau ist ein Trauma?
Ein Trauma ist weit mehr als nur eine belastende Erinnerung – es hinterlässt tiefe, unsichtbare Narben in der Psyche eines Menschen. Traumatische Erlebnisse entstehen, wenn ein Mensch eine extreme Stresssituation erlebt, die seine Fähigkeit zur Verarbeitung und Bewältigung überfordert. Für Polizisten gehören solche Situationen zum Alltag: Gewalt, Tod und menschliches Leid sind ständige Begleiter. Die psychische Reaktion darauf kann vielfältig sein und reicht von Schlafstörungen und Reizbarkeit hin zu tiefergehenden Störungen wie posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS).
Diese Wunden sind unsichtbar, beeinflussen jedoch das Denken, Fühlen und Handeln oft nachhaltig und können sich auch Jahre später noch bemerkbar machen. Sybille Loew zu den Symptomen: „Typische Symptome sind Flashbacks, die durch Triggerreize ausgelöst werden und das Trauma reaktivieren. Diese Trigger können etwa Geräusche, Gerüche, Gesichter oder bestimmte Gesten sein, die körperliche Reaktionen wie Blutdrucksteigerungen und erhöhte Cortisolausschüttung hervorrufen. Weitere Symptome sind Schlafstörungen, Konzentrationsprobleme, Gereiztheit und das Bestreben, Situationen zu meiden, die an das Trauma erinnern. In schweren Fällen kann es bis hin zur völligen sozialen Isolation oder dem Gefühl führen, innerlich abgestorben zu sein und weder Freude noch Schmerz zu empfinden.“ Damit wird deutlich: Ein Trauma ist kein Zeichen von Schwäche, sondern eine natürliche Reaktion auf unnatürlich hohe Belastungen, die einer gezielten Unterstützung bedarf, um die Heilung zu ermöglichen.
Konfrontation mit Gewalt und Leid: Der Alltag eines Polizisten
Im Alltag eines Polizisten kann die Lage jederzeit umschlagen. Die Kontrolle einer Person kann in einer Schießerei enden, eine harmlose Streifenfahrt zur gefährlichen Verfolgungsjagd werden. Polizisten müssen deshalb immer zu 110 % im Job dabei sein – eine Nachlässigkeit kann tödlich enden. Kai Buczinski weiß als ehemaliger Polizist, wie dieser Alltag aussieht: “Polizisten sind extrem hohen Risiken ausgesetzt. Sie arbeiten oft mit Menschen, mit denen man im Alltag lieber nichts zu tun hätte. Auch bei Einsätzen, bei denen man mit hoher Geschwindigkeit fährt, ist die Unfallgefahr hoch, unabhängig davon, wie gut man als Fahrer ist. Zusätzlich liest man immer wieder von schweren Unfällen. Ich habe von einem Polizisten gelesen, der bei einem Einsatz ums Leben kam. Diese Risiken machen die Absicherung für Polizisten besonders wichtig. Doch paradoxerweise sind sich viele Polizisten gar nicht bewusst, dass sie spezielle Absicherungen benötigen, weil sie oft hören, dass der Staat schon alles für sie regeln wird.” Aber auf die staatliche Absicherung alleine sollte sich niemand verlassen: Die eigene Arbeitskraft sollte ebenso jeder absichern wie den finanziellen Schutz von Partner und Familie.
Die Grenzen der Belastbarkeit
Polizisten sind in ihrem Alltag oft extremen Belastungen ausgesetzt, die sowohl physische als auch psychische Herausforderungen darstellen. Um mit diesen Stressfaktoren umzugehen, entwickeln viele von ihnen innere Mechanismen, die ihnen helfen, emotionale Distanz zu schaffen und handlungsfähig zu bleiben. Psychologin Loew: “Polizisten sind natürlich geschulte Personen und werden während ihrer Ausbildung und Berufserfahrung auf extreme Situationen vorbereitet. Dennoch können auch sie in unvorhergesehene Situationen geraten. Manchmal entwickeln sich Situationen unerwartet, wie ein Schusswechsel aus dem Hinterhalt.”
Typische Bewältigungsstrategien, um solche Belastungen schultern zu können, sind das sogenannte „Abschalten“ oder „Verdrängen“ von Gefühlen während eines Einsatzes, um in kritischen Situationen nicht von Ängsten oder Unsicherheiten überwältigt zu werden. Diese Strategien funktionieren oft kurzfristig gut und ermöglichen es, in Extremsituationen ruhig zu bleiben und schnell zu handeln.
Doch die Grenzen dieser Bewältigungsstrategien werden dann spürbar, wenn die psychische Belastung immer wiederkehrt oder über einen längeren Zeitraum anhält. Ein Polizist, der über lange Zeiträume hinweg versucht, belastende Erlebnisse oder erlebte Traumata zu verdrängen, läuft Gefahr, dass diese Erlebnisse im Unterbewusstsein bleiben und später in Form von Schlafstörungen, Reizbarkeit oder sogar Flashbacks wieder auftauchen.
Wie sich Traumata im Privatleben zeigen
Und spätestens dann machen die seelischen Belastungen, die Polizisten im Dienst erfahren, auch an der Haustür nicht halt. Viele nehmen diese Lasten mit nach Hause, wo sie sich in Form von Reizbarkeit, Rückzug oder emotionaler Distanz bemerkbar machen können. Im Privatleben zeigen sich Traumata häufig auf subtile, aber tiefgreifende Weise: Schlafstörungen, Albträume oder das Vermeiden bestimmter Situationen können die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.
Ein Polizist, der täglich mit Gewalt, Leid und Extremsituationen konfrontiert ist, entwickelt oft Schutzmechanismen, die ihm im Dienst helfen, aber im Familienleben hinderlich sein können. Er könnte Schwierigkeiten haben, sich emotional zu öffnen oder die Nöte der Angehörigen zu verstehen, was leicht zu Missverständnissen und Konflikten führen kann.
Auch Familienmitglieder tragen die Last der Traumata oft mit, sei es durch ein Gefühl von Ohnmacht, Hilflosigkeit oder das Gefühl, emotional nicht mehr an ihren Partner oder Elternteil heranzukommen. Diese Dynamik kann Beziehungen belasten und zu einem Gefühl der Entfremdung führen. Die psychische Belastung erstreckt sich somit nicht nur auf den Betroffenen selbst, sondern auf das gesamte familiäre Umfeld. Sybille Loew: Ein unterstützendes Umfeld ist essenziell. Familie und Kollegen, die Verständnis zeigen und die Situation ernst nehmen, können helfen, das Erlebte zu verarbeiten. Wenn Menschen das Gefühl haben, dass sie ernst genommen werden, können sie leichter wieder in ihren Alltag zurückfinden.” Hier zeigt sich, wie wichtig es ist, dass Betroffene alle erdenkliche Unterstützung erhalten, um Traumata zu bewältigen und ihre familiären Beziehungen zu schützen.
Titelbild: © Kai Buczinski, © Sybille Loew, © newfinance