Too old to die young?

Sterben
Sterben

Junge Leute stehen in der Blüte ihres Lebens. Sie haben noch so viel vor sich und sind im Hier und Jetzt so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass sie nicht nur kaum einen Gedanken an die Zukunft verschwenden, auch das Thema Vergänglichkeit scheint noch nicht relevant. Doch stimmen diese Thesen tatsächlich? Immerhin 57 Prozent der jungen Menschen im Teenageralter bis zur 30 haben sich zumindest laut einer aktuellen Studie noch nicht mit der Vorsorge rund um das Thema Tod auseinandergesetzt.

Bambi als Botschafter

Wer erinnert sich an seinen ersten Disney Film? War es Bambi oder etwa König der Löwen? Oder gar Schneewittchen? Da es sich dabei im klassischen Sinne um Kinderfilme handelt, haben die meisten einen oder mehrere dieser Streifen wohl bereits im Kindesalter gesehen. Was die Produktionen eint? Dramatische Todeszenen, die selbst Erwachsenen noch zu Tränen in den Augen rührt. Und hier begreifen Kinder sehr wohl, was sich auf dem Bildschirm zuträgt. Bambi, der seine tote Mutter betrauert, löst ebensolche Gefühle nämlich durchaus auch bei Kindern aus. Eltern, die sich unsicher sind, ob ein solcher Einfluss dem Kind schadet, kann Oliver Junker, Trauerexperte für Kinder, beruhigen:

Der Tod ist Teil des Lebenskreislaufes. Deshalb ist es wichtig, dass man den Kindern auch den Tod erklärt, ohne dass man ihnen damit Angst macht. Kinder sind von Natur aus neugierig und wollen die Welt verstehen.

Und das müssen sie zwangsläufig auch. Denn der Tod ist – nicht nur Dank Trick- und Animationsfilm –  von klein auf allgegenwärtig.

Sterbende Berührungspunkte

Doch wann verfliegt dies Neugier? Oder tut sie es überhaupt? Laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstitut YouGov im Auftrag der Malteser in Kooperation mit dem Deutschen Hospiz- und PalliativVerband und der Universität Graz, tut sie das nicht zwangsläufig.

Die Studie befragte 1007 Teilnehmer zwischen 16 und 30 Jahren. Hier stellt sich zunächst ganz klar heraus, dass weit über die Hälfte (64 Prozent) aller Befragten schon einen oder mehrere wichtige Mensch in ihrem Leben verloren haben. 27 Prozent gaben an, noch keinen solchen Verlust erlitten zu haben. Erlebnisse, die dazu führen, dass sich junge Menschen durchaus mit dem Thema Tod und Sterben befassen.

Insbesondere junge Frauen (44 Prozent) setzten sich mit der Sterblichkeit auseinander.

Zwei Drittel der männlichen Befragten gaben hingegen an, sich wenig oder gar nicht damit zu befassen.

Der richtige Ansprechpartner

Während sich Todesfälle meist im engsten Kreis ereignen, finden Betroffene auch genau hier die Vertrauenspersonen, um über das Thema zu sprechen. Sowohl bei Familienangehörigen (35,4 Prozent), als auch engen Freunden (32 Prozent) finden sie gehör. Dennoch: Jeder Dritte junge Mensch teilt Gedanken und Gefühle zum Thema Tod mit niemanden. Sieben Prozent hiervon mangelt es an dem richtigen Ansprechpartner. Und das zeigt einen weiteren Interessanten Punkt. Denn fragt man die Teilnehmer, mit wem sie eigentlich gerne über die Themen sprechen würden, nennen knapp über 50 Prozent ihre Freunde. Fast jeder Vierte (23 Prozent) würde gerne mit Anderen sprechen, sofern diese Erfahrungen mit Tod und Trauer haben. Jeder Fünfte würde mit Gleichaltrigen außerhalb des Familien- und Freundeskreises sprechen wollen (20 Prozent). Die Nachfrage nach objektiver Meinung ist also durchaus gegeben.

Und welche Fragen stellen sich junge Menschen nun rund um das Thema Tod? Zwei Aussagen stimmten die Befragten hier besonders häufig zu: „Ich möchte mein Leben bewusst gelebt haben.“ (40 Prozent) und „Ich frage mich, was wohl nach dem Tod kommt“ (38 Prozent).

Vermittlern bietet das eine gute Möglichkeit zur Ansprache. Denn gerade junge Leuten, die ihr Leben in vollen Zügen genießen wollen, geht es um sportliche Herausforderungen, Reisen, Karriere oder bereits Familienplanung. Mögliche Risiken, die sich durch eine bewusste Vorsorge unbeschwert genießen lassen. Und die Bedarfslücke ist groß:

57 Prozent der Befragten haben sich bislang mit noch keiner Vorsorge im Sterbefall auseinandergesetzt.

Lediglich einen Organspendeausweis besitzt jeder Fünfte.

Neugierde – aber nicht makaber

Eine andere Möglichkeit des Zugangs finden junge Menschen in der Freiwilligenarbeit. Sei es als Rettungssanitäter oder in der Hospizarbeit. Während – laut Umfrage – 40 Prozent der Teilnehmer noch nie von ambulanter Hospizarbeit gehört haben, gibt es Beispiele, die zeigen: Viele junge Menschen zeigen sich offen für ein Engagement. Dabei steht gut die Hälfte der 511 Befragten, die zumindest von der Hospizarbeit gehört haben, einem Ehrenamt in der Hospizarbeit grundsätzlich offen gegenüber. Vier Prozent hieraus engagieren sich bereits.

Ein Beispiel hierfür ist auch Johanna Klug. Die inzwischen 27-jährige begann mit 20 Jahren auf einer Palliativstation zu arbeiten. Der WELT gegenüber sagt sie, die Arbeit habe sie nicht ängstlich vor dem Tod gemacht, sondern neugierig. Und ihr gezeigt, worauf es im Leben ankommt.

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