D-Lounge: „Wer nichts riskiert, setzt alles aufs Spiel“

Dr Anna Kuhns: „Wer nichts riskiert, setzt alles aufs Spiel“

Die D-Lounge geht in die nächste Runde. Im Feierabend-Talk dreht sich alles um das Thema Mut, und wie er das Leben beeinflusst. Mit dabei: die Psychotherapeutin Dr. Anna Kuhns.

Am 21. Juni um 18:00 Uhr geht es los: Bei der D-Lounge kommen Experten aus völlig verschiedenen Feldern zusammen, um das Thema „Risiko Leben“ zu analysieren. Die große Frage dahinter: „Was wäre das Leben, hätten wir nicht den Mut, etwas zu riskieren“?

Diesmal findet die D-Lounge in den RT1-Studios in Augsburg statt. Jetzt für dieses hybride Event anmelden – am 21. Juni geht es los!

Was können die Zuschauer erwarten? Das haben wir bei Dr. Anna Kuhns nachgefragt. Nach einem Studium der Neurowissenschaften und der Psychologie in den Niederlanden ging Dr. Anna Kuhns in die USA, wo sie in Kalifornien den Master in Neuropsychologie absolvierte. Heute ist sie als psychologische Psychotherapeutin und Verhaltenstherapeutin tätig.

Redaktion: Frau Dr. Kuhns, was erwarten Sie von der D-Lounge im Juni und worauf freuen Sie sich am meisten?
Dr Anna Kuhns
Dr. Anna Kuhns

Dr. Anna Kuhns: Ich freue mich am allermeisten auf die unterschiedlichen Perspektiven, auf die Leben, die aufeinandertreffen, und auf eine sehr angeregte und lebendige Diskussion. Dadurch, dass wir so „bunt gemischt sind“, bin ich gespannt auf die Motive: Was treibt die Anderen im Leben an? Was bewegt sie?

Redaktion: Auf welchen Mitstreiter in der Talk-Runde sind Sie besonders gespannt und warum?

Dr. Anna Kuhns: Besonders gespannt bin ich auf Anja Eschweiler, weil sie am unmittelbarsten mit dem größten Risiko unseres Lebens verknüpft ist: Mit dem Sterben. Sie ist tagtäglich mit der Endlichkeit konfrontiert. Ein Thema, das eher am Rande der Gesellschaft steht, teilweise sogar tabu ist und manchen Menschen Angst macht.

„Ich verstehe mich beruflich als Mutmacher.“

Redaktion: Welchen Ansatz bringen Sie mit zur Lounge?

Dr. Anna Kuhns: Mein Ansatz ist, dass ich mich beruflich als Mutmacher verstehe, Risiken im Leben einzugehen. Natürlich sind es abgewogene Risiken – ein Risiko hat ja stets auch Konsequenzen. Dasselbe gilt für Risiken, die man nicht eingeht. Da arbeite ich gern mit dem Motto: Wer nichts riskiert, setzt auch alles aufs Spiel.

Redaktion: Wie äußert sich das Thema „Risiko:Leben“ in Ihrem Beruf?

Dr. Anna Kuhns: Risiko „Leben“ bedeutet für mich, Wagnisse einzugehen, Chancen zu verteilen, auch wenn das Ergebnis noch nicht abzusehen ist. Mutig zu sein, kann bedeuten, um Hilfe zu bitten und anzuerkennen, dass man Unterstützung braucht. Jeder meiner Klienten – jeder Mensch – geht tagtäglich Risiken ein. Wenn man einen neuen Job ergreift, wenn man sich auch nach Enttäuschungen frisch verliebt oder anderweitig seinem Leben eine neue Richtung gibt: Risiken kommen in vielen verschiedenen Farben und Formen.

„Wir bewegen uns gerne in der Komfortzone, aber wir entwickeln uns nur außerhalb dieser Komfortzone.“

Redaktion: Da möchte ich nochmal einhaken: „Wer nichts riskiert, setzt alles aufs Spiel“ – wie ist das gemeint?

Dr. Anna Kuhns: Wenn ich davon absehe, ein Risiko einzugehen, kann es viele Motive haben, von Selbstschutz bis zur Vermeidung von unangenehmen Gefühlen. Zum Beispiel vermeide ich das Gefühl „Schuld“ zu sein, wenn etwas nicht klappt. Zum Beispiel: Wenn ich die Klausur nicht mitschreibe, dann kann ich nicht durchfallen. Das kann sich kurzfristig erleichternd anfühlen, führt aber langfristig zu Problemen. In diesem Fall zum Ausscheiden aus dem Studium. Wir bewegen uns gerne in der Komfortzone, aber wir entwickeln uns nur außerhalb dieser Komfortzone. Der Leidensdruck bedingt die Veränderungsmotivation. So lange der Lebenszustand bequem ist, bleibt alles wie es ist.

Redaktion: Welche Sitzung ist Ihnen aus dem Umfeld Risiko besonders im Gedächtnis geblieben und warum?

Dr. Anna Kuhns: Ich nenne es mal ein „jüngstes“ Beispiel. Eine Dame hatte ihren Mann fünf Jahre lang gepflegt und dann verloren. Anfangs war sie sehr mutlos und dachte, dass sie das Leben nach 30 Jahren Eheleben nicht alleine stemmen könnte. Obwohl Sie Angst hatte, hat sie es doch gewagt und ist tatsächlich zuletzt alleine vereist, das fand ich sehr mutig.

Ein anderes Beispiel kommt von meinen Klienten aus der Polizei oder Feuerwehr. Ihr Arbeitsalltag ist häufig gefährlicher und die Aufgaben umfangreicher, als ich mir zuvor vorstellen konnte. Von Razzien bis Personenschutz gibt es viele Momente mit großen Gefahrenpotentialen, denen diese Arbeitsgruppe ausgesetzt ist und trotzdem ihren Job gerne macht.

„Wenn wir mutig sind, wachsen wir daran.“

Redaktion: Von welchen Zeiträumen in der Behandlung bis zum ersten mutigen Schritt kann man ausgehen? Wie lange hat die Dame gebraucht, bis sie „okay“ für ihre Reise war?

Dr. Anna Kuhns: Da gibt es keine Pauschalaussage wie lange es dauert, jeder schafft das in seinem Tempo. In Bezug auf die Dame: Es geht hier nicht darum, ob sie „okay“ war. Für sie war es permanent unbequem. Es geht darum, es trotzdem zu tun, die Angst mit ins Gepäck zu nehmen. Jedes Mal, wenn wir mutig sind, wachsen wir daran. Auf diese Art kommen wir an einen Punkt, an dem wir neuen unbequemen Situationen mit mehr Gelassenheit begegnen können.

Neugierig geworden? Unter dem nachfolgenden Link geht es zur Anmeldung.

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Dela Lounge 2023
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Titelbild & Beitragsbild: © Dr. Anna Kuhns