Lehrer am Limit

Vormittags recht, nachmittags frei? Von wegen! Lehrer gehören zu den am häufigsten von Burnout betroffenen Berufsgruppen. Die Corona-Pandemie macht zudem vieles schwerer.

Ein Drittel der Junglehrer gibt nach fünf Jahren wieder auf

“Irgendwann stand ich heulend in der Schule, alles war zu viel”: Das Zitat stammt nicht etwa von einem Schüler, sondern von einer Lehrerin, die dem Bayerischen Rundfunk anonym ihr Dilemma beichtete. Zwar sei Lehrerin immer ihr Traumberuf gewesen. Aber ihr sei die Zeit zwischen Unterrichtsvorbereitungen und Funktionsaufgaben zu knapp geworden. Eine Entlastung wurde ihr verweigert, bis sie sich wegen Burnout in einer Klinik behandeln ließ.

Damit ist sie nicht allein: In einer Befragung für das „Gutachten zur Lehrergesundheit des Aktionrats Bildung“ gab ein Drittel der Lehrer an, unter hohen Belastungen zu leiden. Laut MDR zeigen ein Viertel aller angehenden Lehrer Burnout-Symptome. Ein Drittel der Junglehrer gebe nach fünf Jahren Unterricht wieder auf. 

„Schon allein die Tätigkeit bringt hohe Herausforderungen mit sich“

Was steckt dahinter? Auch wenn Burnout oft als typische Manager-Krankheit bezeichnet wird, sind ebenso Sozialberufe wie etwa Altenpfleger oder eben Lehrer sehr gefährdet, die Krankheit zu entwickeln. Der Psychologe Herbert Freudenberger, der 1974 den ersten wissenschaftlichen Artikel über das Burnout-Syndrom publizierte, bezog sich darin vor allem auf sogenannte Helferberufe. Kein Wunder: Burnout entsteht durch Stress und Überlastung am Arbeitsplatz. Betroffene leiden an starker Erschöpfung und haben gleichzeitig ein Gefühl der Wirkungslosigkeit. 

Laut Bildungsforscherin und Expertin für Lehrergesundheit Bärbel Wesselborg kommen bei Burnout-Symptomen bei Lehrern „mehrere Dinge zusammen“: „Schon allein die Tätigkeit bringt hohe Herausforderungen mit sich. Lehrkräfte sind in ständiger Interaktion. Während sie ihrer Kernaufgabe, der Unterrichtsgestaltung, nachkommen, müssen sie gleichzeitig mit den Bedürfnissen in der Klasse umgehen und darauf achten, alle Schülerinnen und Schüler mitzunehmen“, sagt sie dem Deutschen Schulportal. 

Lehrer sollen die Schüler auch in großen Klassenstärken individuell fördern und die Ansprüche von Politik, Schulleitern, Kollegium, Schülern und Eltern bedienen. Darüber hinaus hört der Tag nach der Schule für die Lehrer noch lange nicht auf: Die Unterrichtsvorbereitung beträgt oft noch mehr Zeit als das eigentliche Unterrichten. Dazu kommt, dass Lehrer noch Funktionsaufgaben übernehmen müssen. Dazu gehört zum Beispiel wie die Leitung der Unterstufe oder der EDV. Das ist ganz schön viel Arbeit, die auch emotional fordernd ist, vor allem für Berufsanfänger.

Lehrer sollten schneller Hilfe suchen

Die Corona-Pandemie macht das Ganze für die Lehrer noch schwerer: Die meisten Schulen sind nur unzureichend digitalisiert. Dazu kommt, dass es häufig an passenden Sicherheitsmaßnahmen mangelt. Viele Lehrer kämpfen nach den Schulschließungen nun laut einer Umfrage für das Deutsche Schulbarometer mit den Lernrückständen und den psychischen Folgen, die sie bei den Schülern beobachten.

Dabei könnte rechtzeitige professionelle Hilfe einen Burnout verhindern. Die Betroffenen „kommen meist viel zu spät in die Beratung. Wenn sie schon dauerhaft überlastet sind und ausgeprägte Symptome zeigen“, sagt Dr. Anke Pielsticker, Psychotherapeutin von der Bayerischen Psychotherapeuten-Kammer, dem Bayerischen Rundfunk. Ihrer Meinung nach sollten Lehrer schneller Hilfe suchen. Vor allem Junglehrer schrecken davor zurück. Aus Angst, mit der Diagnose Burnout nicht mehr verbeamtet zu werden.  

Sie wünscht sich deshalb, dass psychische Erkrankungen weniger stigmatisiert und mit den Symptomen offener umgegangen wird: „Es sollte ein Stück weit Normalität sein, dass bei Bedarf kurzzeitig psychotherapeutische Behandlungen in Anspruch genommen werden.“

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