7Fragen an Timo Biskop
Experte für Nachhaltigkeitsberatung
Nachhaltig Versichern – ohne Mogelpackung – wird immer wichtiger. Das zeigen zwei aktuelle Umfragen, die klar machen, wie unverzichtbar es ist, weiter Misstrauen abzubauen. Denn nach wie vor besteht beim Thema Finanzen und Nachhaltigkeit Verunsicherung. Mehr als die Hälfte der Verbraucher wittert hinter den Nachhaltigkeitsversprechen der Unternehmen Greenwashing. 51 Prozent der Verbraucher glauben, daß Nachhaltigkeit hauptsächlich als Marketing-Maßnahme eingesetzt wird.
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DELA Lounge > Anmeldung 6. Juli 2022
6. Juli DELA-Lounge #2 One Planet. Live. Es erwarten euch spannende Themen & Talkgäste!
Darunter: Timo Biskop, einer der Köpfe hinter „German Sustainability Network“, Netzwerk für Nachhaltigkeit und Diskussions-Plattform der Finanzdienstleistungsbranche. 75 Unternehmen, die meisten Versicherer, sowie Beratungsunternehmen, Hochschulen und andere branchennahe Akteure sind bereits an Bord.
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x nachgefragt
Redaktion: Unternehmen geben sich große Mühe, ökologisch und sozial zu erscheinen – mit der Wirklichkeit hat das oft wenig zu tun. Herr Biskop, was hilft gegen Greenwashing?
Timo Biskop: Das nehmen wir sehr deutlich wahr: Die Branche hat kein Interesse an „Schein-Nachhaltigkeit“ bzw. Greenwashing. Vielmehr setzt sich die Assekuranz sehr intensiv damit auseinander, genau diese Themen zu vermeiden.
„Transparenz und Authentizität sind der Schlüssel und das beste Mittel gegen Greenwashing …“
Wir als GSN begleiten die Transformation der Branche, indem wir Impulse setzen und Austausch fördern. Die Herausforderung: Insbesondere die regulatorischen Aspekte von Nachhaltigkeit sind noch nicht final. Das heißt, jedes Unternehmen handelt im Zweifel nach bestem Wissen und Gewissen und muss damit rechnen, dass sich Rahmenbedingungen wieder verändern. Diese Unsicherheiten halte ich aber nicht zwangsläufig für problematisch.
Redaktion: Sie fordern einen radikalen Wandel und radikale Lösungen. Nachhaltigkeit soll nicht länger Nebengeschäft, sondern Kerngeschäft sein. Da dürften viele Sorge vor unruhigen und unwirtschaftlichen Zeiten haben?
Timo Biskop: Sowohl die Gesellschaft als auch Politik und Regulatorik sind Treiber von Nachhaltigkeitsaspekten. Hiervon betroffen ist insbesondere die Versicherungswirtschaft, da sie als Investor, Risikoträger und natürlich als eigener Betrieb wirkt. Alleine hieraus ergibt sich, dass Nachhaltigkeit entlang der gesamten Wertschöpfungskette eine Rolle spielen muss, um das Geschäftsmodell konsequent zu transformieren und dem Wandel der Umwelt gerecht zu werden. Inhaltliche Konflikte zur Wirtschaftlichkeit sehe ich jedoch nicht; ganz im Gegenteil.
„Die vielen Fragestellungen der Nachhaltigkeit sollten keine Sorgen, sondern Neugier und Interesse wecken …“
Redaktion: Wie können Sie einen Dschungel an undurchsichtigen Gütesiegeln verhindern? Gibt es künftig Qualitäts-Klassen, die den Nachhaltigkeitsgrad eines Produktes definieren?
Timo Biskop: Fehlende Standards. Diese Herausforderung stellt einen zentralen Aspekt im Themenfeld Nachhaltigkeit dar. Insgesamt wird es auch darauf ankommen, wie sich der Regulator verhält und welche Vorgaben aufsichtsrechtlich festgelegt werden.
„Speziell für die Versicherungswirtschaft haben sich bereits einige Akteure an die Entwicklung von Siegeln und Ratings gemacht.“
Das könnte mittelfristig zu gut handhabbaren Lösungen für die Praxis führen.
Redaktion: Wird das die größte Herausforderung für Makler, seriöse Produkte zu filtern? Simpel gefragt: Wann ist eine Versicherung wirklich nachhaltig – und welche sind es mit Sicherheit nicht?
Timo Biskop: Diese Frage kann – Stand heute – niemand abschließend beantworten. Denn auf der einen Seite definiert der Kunde, was Nachhaltigkeit für ihn ist – mit seinen persönlichen Motivationen, Einstellungen und Interpretationen. Zum anderen ist die Regulatorik noch nicht so weit, einen objektiven Rahmen geschaffen zu haben. Es ergeben sich viele Möglichkeiten, Nachhaltigkeitsmerkmale in den verschiedenen Versicherungsarten zu verankern. Am Ende – und bis auf Weiteres – kommt es darauf an, die Nachhaltigkeitsziele, -wünsche und -präferenzen des Kunden bestmöglich zu erfassen und darauf aufbauend, eine Produktempfehlung auszusprechen. Nach bestem Wissen und Gewissen. Hier liegt der Ball natürlich bei den Produktgebern, die Informationsmaterialien bereitstellen müssen.
Redaktion: Ihr Motto: Nachhaltigkeit ist nicht nur Chefsache. Sie wollen die ganze Belegschaft mit ins Boot holen. Wie wollen Sie diese Mamutaufgabe stemmen?
Timo Biskop: Unser Angebot ist bewusst auf Unternehmens- bzw. Konzernebene angesetzt. So ermöglichen wir es den Mitgliedshäusern, die hauseigene Nachhaltigkeitsstrategie, -kommunikation und -koordination anzupassen. Das wird sehr gut angenommen und spiegelt die Bemühungen der Branche wider, jeden Funktionsbereich einzubeziehen. Unsere Mitgliedsunternehmen sind hier schon sehr innovativ und erfolgreich.
„Es ist mittlerweile deutlich geworden, dass die Unternehmenstransformation nur gelingen kann, wenn alle Mitarbeiter:innen aufgeklärt, motiviert und involviert werden.“
Redaktion: Für eine wirklich seriöse und fundierte Kundenberatung, für messbaren Praxiserfolg, braucht es umfassende Qualifizierungsmaßnahmen und tiefgreifendes Fachwissen für die, die beraten. Wie wollen sie das zeitnah in den Griff bekommen?
Timo Biskop: Wir nehmen wahr, dass die Branche „mit den Hufen scharrt“ und das, was heute schon sinnvoll ist, unternimmt. Mit Mitgliedsunternehmen tauschen wir uns seit Monaten dazu aus, wie Qualifikationen erworben bzw. vermittelt werden können. Das eigentliche Problem: Die regulatorischen Vorgaben sind komplex und bis heute nicht final.
„Das heißt, Praxisschulungen können derzeit nur mit unvollständigem Wissen unter Unsicherheit erfolgen.“
Hierdurch werden Qualifizierungsmaßnahmen natürlich in der Effektivität gehemmt. Aber: Diverse Praxisveranstaltungen haben mir gezeigt, dass die Vermittlung des notwendigen Wissens durchaus in überschaubarer Zeit stattfinden kann und sich viele Versicherungsvermittler:innen bereits sehr gut auskennen. Letztlich liegt es in der Verantwortung jedes Unternehmens, auch der Vermittlerbetriebe, sich auf die regulatorischen Vorgaben vorzubereiten.
Redaktion: Unsicherheit dürfte auch die Frage aufwerfen, ob Makler bei Fehlberatungen mit Haftungsfragen konfrontiert sind ? Auch ein Thema der Dela-Lounge?
Timo Biskop: Für die Praxis ist das Thema Fehlberatung natürlich hochdiskutabel. Hier freue ich mich auf den Austausch mit den Expert:innen der Dela-Lounge.
Titelbild: © Timo Biskop