Nadja Judith Troyer: “Schamanismus ist für mich eine Lebensweise”

Nadja Judith Troyer

Nadja Judith Troyer ist Schamanin. Als Schamanin der Seele begleitet und unterstützt die Österreicherin Sterbende und Trauernde in den schwierigen Phasen ihres Lebens. Und hält dabei stets eine positive und naturverbundene Einstellung zum Tod. Wie sie zum Schamanismus kam und wie dort Tod und Trauer verstanden werden, erklärt sie uns im Interview.

Redaktion: Nadja, was ist Schamanismus eigentlich genau?

Nadja Judith Troyer: Schamanismus ist für mich eine Lebensweise und das tiefe Wissen auf Herzensebene darüber, dass es mehr gibt in unserem Leben als die sichtbare Welt. SchamanINNen haben den Zugang zur Anderswelt und kommunizieren mit den Energien und den Wesen der energetischen Welt. Dazu benutzen sie unterschiedliche Techniken.

Redaktion: Wie bist Du zum Schamanismus gekommen?

Nadja Judith Troyer: Ich für mich folge keiner Lehre in dem Sinn. Meine schamanische Wurzel befreite sich durch die jahrelange Arbeit an mir selbst. Und durch das Loslassen unendlich vieler Muster und Blockaden. Ich kam mit der Gabe zur Welt mit den Energien zu sprechen und sie zu bewegen, ohne es zu wissen.

Im Grunde ist für mich jeder Mensch ein Schamane. Wir alle haben das Potential zu wirken.

Schamanen tun es mit einem sehr hohen Bewusstsein und einem tiefen inneren Wissen um die Beschaffenheit und Zusammenhänge, unserer irdischen, sichtbaren Welt und der unsichtbaren Anderswelt.

Redaktion: Wie ist der Tod aus schamanischer Sicht zu beurteilen?

Nadja Judith Troyer: Der Tod ist gleich einer Geburt ein Übergang. Die meisten leben in der Vorstellung, der Tod wäre dunkel und würde uns in ein schwarzes Loch ziehen. Doch es ist einfach die umgekehrte Reise zur Geburt. Während die Seele über den Geburtsvorgang auf die Erde kommt, verlässt sie im Sterbeprozess diese Welt und kehrt zurück in ihre geistige, göttliche Heimat. Niemals gibt es dort Strafe oder Dunkelheit. Dunkel sind nur die unteren Energiekörper unserer physischen Existenz. Der Tod ist ein Freund, kein Feind. Ohne die Endlichkeit des Lebens, wäre das Leben nicht wertvoll für uns. Ohne den Blick auf die Vergänglichkeit würden wir nicht versuchen jeden Tag zu genießen. Der Tod ist kein dunkler Geselle. Er ist ein Tor in die Seelenheimat für mich und einfach der Wechsel von der irdischen Dimension zurück in das Einssein der göttlichen Quelle.

Redaktion: Auf Deiner Internetseite sprichst Du vom Lernen „Loszulassen“. Was verbirgt sich hinter dieser Überlegung und wie hilft sie, die Angst vor dem eigenen Tod zu überwinden?

Nadja Judith Troyer: Es gibt einen sehr weisen Spruch, der mir begegnete: „Wir lernen das ganze Leben lang loszulassen, um uns das Sterben zu erleichtern.“ Im Leben wird vieles angesammelt an Glaubenssätzen, unerlösten Gefühlen und dunklen Energien, die alle in den niederen Auraschichten unseres Energiekörpers abgespeichert sind. Sind diese Schichten sehr belastet und dunkel, kann es dem/der Sterbenden so vorkommen als würde er/sie nicht ins Licht kommen und das Sterben wird schwer, weil die Seele in diesen Schichten hängenbleibt. Diese gilt es loszulassen und zu öffnen, denn sie können, die Seele im Sterbeprozess daran hindern, aus dem Körper leicht auszusteigen. Auch kann diese verdichtete Energie auf der Erde zurückbleiben und einzelne Seelenanteile in einer Art Zwischenwelt gefangen halten.

Es geht für mich darum, den Blickwinkel zu ändern und den Menschen zu vermitteln, dass auf der anderen Seite nicht die Dunkelheit wartet, sondern es eine Heimkehr ist, die die Seele in die Geborgenheit und Liebe aufnimmt.

Dazu löse ich die schwarzen, dunklen Schichten der niederen Energiekörper auf und bitte darum, dass die Seele in die Heimat zurückkehren darf. In diesem Bewusstsein ist das Sterben ein nach Hause Kommen und ein schönes Gefühl. Je mehr im Leben von den dunklen Mustern losgelassen wird, umso leichter wird sich der Prozess des Sterbens gestalten.

Redaktion: Du bietest auch schamanische Verabschiedungsrituale an. Was verbirgt sich hinter dieser Zeremonie und wie ist der Ablauf?

Nadja Judith Troyer: Ein Verabschiedungsritual ist sehr individuell gestaltet und auf die Bedürfnisse der jeweiligen Familie abgestimmt. Ich fühle mich in jede Situation ein und bekomme aus der anderen Welt die Informationen und Worte, die es in diesen Momenten braucht. Es geht darum die gegangene Seelenenergie aus eventuell vorhandenen Verstrickungen zu entlassen und sie in Liebe auf die andere Seite zu begleiten. Gerade, wenn in Familien viele Vorwürfe, Blockaden oder Verstrickungen vorliegen kann ein schamanisches Ritual sehr heilsam sein. So können sich Angehörige mit dem Verstorbenen versöhnen und Frieden in die Familie zu bringen.

Meine Intention ist immer die Heilung an der Wurzel und bezieht die Ahnenreihen mit ein. Außerdem die Heilung des Systems und die Möglichkeit, die Liebe zurück in den Fluss zu bringen. Zusätzlich ehrt und respektiert man das vergangene Leben und verbindet sich mit der heilen Energie, die hinter all dem liegt, was vielleicht nicht so gut gelaufen ist im Leben. Ein Ritual bringt immer Heilung und hilft, gerade wenn es um den Tod geht, in der Übergangszeit beim Loslassen. So können sich die Hinterbliebenen verabschieden und mit dem gesamten Prozess ins Reine kommen. Mir ist es wichtig, dass die Liebe sichtbar gemacht wird, denn hinter allem ist sie verborgen und sobald wir erkennen warum etwas so geschehen ist, wie es eben war bekommt alles einen tiefen Sinn. Der verstorbene Mensch kann dann geachtet und geehrt werden und das nimmt die Seele mit. Auch hier geht es um die Reinigung der unteren Energieschichten in denen eventuell noch alte Blockaden bei allen Beteiligten festhängen.

Alles hat einen Sinn in unserem Leben auch die Art und Weise wie wir die Welt verlassen.

Redaktion: Nicht nur trauernden Angehörigen kann eine schamanische Unterstützung helfen. Auch Sterbende wenden sich an Dich. Wie gehst Du an das Thema Sterbebegleitung heran?

Nadja Judith Troyer: Die Sterbebegleitung ist die tatsächliche Begleitung des Prozesses, während der sterbende Mensch noch lebt. Ich sitze hierbei neben der Person und spüre was die Seele möchte. Hat sich die Seele entschieden zu gehen und bekomme ich das OK von oben, darf ich die unteren Energieschichten reinigen und klären und das Tor für den Übergang öffnen. Es ist ein sehr schöner Prozess, denn es entsteht tiefer Frieden auf allen Ebenen und das Licht der anderen Seite ist einfach so präsent in dieser Arbeit. Es berührt auch meine Seele zutiefst, dass ich diese Arbeit tun darf.

Redaktion: Nadja, vielen Dank für die spannenden Einblicke.

Nadja Judith Troyer: Sehr gerne, jederzeit!

Titelbild: © Sandra Schmid Fotografie