Riskante Hobbys: Run Boy Run, auf den Spuren von Forrest Gump

Joggen

Eine US-amerikanische Studie aus dem Jahr 2017 besagt: Wer regelmäßig joggt, lebt drei Jahre länger. Umso besser, dass viele Deutsche während des Lockdowns das Joggen für sich entdeckt haben, oder? Wir sprechen mit einer Physiotherapeutin über die Risiken.

Deutschlands beliebteste Sportart

Die beliebteste Sportart der Deutschen ist das Joggen. Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag der KKH ist der Laufsport die beliebteste Art, sich sportlich zu betätigen. Rund 60 Prozent der Deutschen motivieren sich regelmäßig zum Joggen oder Walken. Gründe dafür gibt es viele: Es ist flexibel, kostenlos, leicht zu erlernen und powert richtig aus. Besonders zur aktuellen Zeit bietet der Sport noch mehr Vorteile, denn im Gegensatz zu Fitnessstudios, Trainingshallen und Co. ist der Läufer beim Joggen weder an Ort, Zeit noch Schließungen aufgrund des Lockdowns gebunden und kann jederzeit spontan starten. Physiotherapeutin und 2. Vorständin des Deutschen Verbands für Physiotherapie /Landesverband Bayern Eva M. Reichart sieht außerdem die frische Luft und Bewegung als weiteren Vorteil an, denn beides sorgt für ein starkes Immunsystem und kräftigt den Körper. Dabei sollten Läufer jedoch einige Dinge beachten.

Redaktion: Welche Risiken kann das Laufen beinhalten?

Eva M. Reichart: Es ist vor allem wichtig, sich langsam an den Sport heranzutasten. Ist man von der körperlichen Konstitution überhaupt fähig, lange Strecken zu laufen? Wie steht es um den Bluthochdruck und Kreislauf? Bin ich ein Risikopatient? Deshalb ist ein Check-Up beim Hausarzt vor dem ersten Training sehr empfehlenswert. Besonders bei Übergewichtigen empfiehlt es sich, erstmal mit schnellem Gehen statt direkt mit Joggen anzufangen. Joggen kann sonst schnell Risikogrundlage für einen zu hohen Puls werden.

Redaktion: Welche Sportverletzungen passieren häufig durchs Laufen?

Eva M. Reichart: Eine der häufigsten Verletzungen als Folge des Laufens sind Übermüdungserscheinungen. Besonders diejenigen, die oft die gleiche Strecke in der gleichen Geschwindigkeit laufen, haben damit zu kämpfen. Die Folge davon sind dann außerdem Muskelzerrungen, Muskelkrämpfe oder der klassische Muskelkater.

“Viele Knie- und Hüftverletzungen sind die Folge einer schlechten Rumpf- und Rückenmuskulatur”

Auch eine Überbelastung kann schnell auftreten, besonders Menschen mit Übergewicht sind davon betroffen. Bei Anfängern dagegen treten häufiger akute Symptome auf, die aus einem Umknicken oder Stolpern resultieren.

Joggen

Redaktion: Welche präventiven Maßnahmen können Sportler ergreifen, um Verletzungen vorzubeugen?

Eva M. Reichart: Vorbereitung ist alles! Für Anfänger empfehle ich zu Beginn beim Physiotherapeuten des Vertrauens eine Laufanalyse durchzuführen. Der schaut die Statik, Hüfte und Füße dann genauer an und kann herausfinden, welche Defizite der Läufer hat und wie er diese ausgleichen kann.

Wichtig ist es auch, nicht direkt mit einem hohen Puls loszurennen, sondern sich vorher zu informieren, ab welchem Bereich des Pulses beispielsweise die Fettverbrennung beginnt. Intervalltraining ist zum Beispiel nur etwas für erfahrene Läufer.

Auch Ernährung spielt eine essenzielle Rolle. Mindestens eine Stunde vor dem Laufen sollten Sportler etwas trinken und nur leichte Kost zu sich nehmen. Falsch ist es auch, jeden Tag die gleiche Strecke mit der gleichen Geschwindigkeit zu laufen. Abwechslung ins Training integrieren, dann bleibt man auch eher dran.

Ganz wichtig: Vor dem Joggen dehnen. Dabei immer mit der Dehnung in den Beinen beginnen und mit dem Rumpf aufhören. Aber auch hier empfehle ich, die Übungen zuerst mit einem Experten durchzuführen. Besonders Dehnübungen für die Achillessehne sind schwierig korrekt auszuführen.

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Redaktion: Welche Kilometeranzahl ist gesund? Gibt es einen Wert, nach dem Läufer sich richten können?

Eva M. Reichart: Das ist individuell. Nicht die Kilometer sind die Frage, sondern die Zeit. Der eine braucht für fünf Kilometer 15 Minuten, der andere 45. Längeres Laufen mit Wohlbefinden ist sinnvoller, als eine lange Strecke schnell zurückzulegen. Besonders Laufanfänger sollten niemals auf die Schnelligkeit gehen. Als grober Richtwert, welcher Puls für die Fettverbrennung optimal ist, empfiehlt folgende Rechnung:

Bei Männern: 220 (Puls) abzüglich Lebensalter und davon 60 Prozent, bei Frauen 228 (Puls) – Lebensalter und davon 60 Prozent.

“Wer zu hochpulsig läuft, fällt in den anaeroben Bereich und hat mit Kurzatmigkeit zu kämpfen. Dann verbrennt der Körper kein Fett mehr.”

Noch dazu kommt, dass die Muskulatur zu wenig Sauerstoff bekommt und mit Krämpfen reagiert.

Zu guter Letzt: Laufen hat Suchtpotenzial! Doch trotzdem darf man die Erholungsphasen nicht vergessen. Entspannungstage fördern die Fitness sogar und reduzieren das Risiko von Verletzungen.

Mehr von der Serie “Riskante Hobbies” hier.

Titelbild: © Eva M. Reichart