Vorsorgedokumente: Selbst erstellt oder standardisiert?

Steffen Moser
Steffen Moser

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ie kann man Vorsorgevollmachten und Patientenverfügungen erstellen oder auch erstellen lassen? Und welche Vor- und Nachteile gibt es dabei? Experte Steffen Moser klärt auch in dieser Ausgabe einige Fakten zu den Dokumenten sowie die Kernfrage: handschriftlich oder Ankreuzformular?

Vier Optionen der Erstellung

Mein Erfahrungswert aus vielen Gesprächen mit Menschen, die sich bei mir informieren, um Vollmachten und Verfügungen endlich zu regeln: Eine der größten Herausforderungen bei der Erstellung der Dokumente zur rechtlichen Vorsorge – Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung wie auch Sorgerechtsverfügung – ist es, den richtigen Weg zu finden.

Grundsätzlich gibt es hierzu vier verschiedene Möglichkeiten der Erstellung:

  1. frei und handschriftlich
  2. mit Hilfe von Ankreuzformularen in Papierform
  3. online, digital
  4. durch einen Rechtsanwalt oder Notar

Pauschal kann man nicht sagen, dass es den einen richtigen Weg gibt. Jede Variante hat Vor- und Nachteile, die wir hier einmal betrachten wollen.

Voraussetzung: Fachwissen & Fragestellung

Um den für sich passenden Weg zu finden, ist es grundsätzlich wichtig, dem Kunden zunächst ein paar Fragen zu stellen. Etwa, ob sie genügend juristische und medizinische Kenntnisse besitzen, um bewerten zu können, wie sie ihre Dokumente ausformulieren müssen. Und zwar so, dass die Klinik, Banken und Sparkassen, Behörden, die Post und Versicherungen die Dokumente im Ernstfall anerkennen? Außerdem: Kennen sie die gesetzlichen Grundlagen des Betreuungsrechts und der Auswirkungen auf ihren Alltag, um dies bei der Erstellung der Vorsorgevollmacht mit einfließen zu lassen?

Ebenso wichtig ist es, dass sie eine Entscheidung darüber treffen, wem sie ihr Vertrauen schenken, wenn es um Entscheidungen über die eigene Gesundheit, den Lebensmittelpunkt, die Finanzen sowie sämtliche behördlichen Angelegenheiten geht.

Und was ist, wenn die bestimmte Person ebenfalls nicht (mehr) in der Lage ist zu entscheiden, weil sie beispielsweise bei einem Unfall mit im Auto saß? Wer soll dann diese Aufgaben übernehmen?

Wie möchte der Kunde behandelt werden, wenn medizinisch bereits klar ist, dass es keine Heilungs- oder Genesungschancen mehr gibt? Wäre er zu einer Organspende bereit, um Leben zu retten? Wer soll sich um die eigenen Kinder kümmern? Und wie soll das aussehen?

Sicherlich könnten wir noch viel mehr Fragen aufgreifen, diese sind allerdings zunächst erst einmal die Wichtigsten.

Variante eins: Frei und handschriftlich

Grundsätzlich ist die freie, handschriftliche Form wohl die einfachste. Da es außer der Schriftform keine weiteren Formvorschriften von gesetzlicher Seite gibt, spricht grundsätzlich nichts dagegen, das Dokument auf einem leeren Blatt Papier zu verfassen. Es kostet kein Geld und kann jederzeit neu aufgesetzt werden.

Entscheidend sind der Inhalt sowie die Ausformulierung. Denn auch hier gilt: Wenn jemand über ausreichend medizinische und rechtliche Kenntnisse verfügt und alle Aufgabenbereiche der Vorsorgevollmacht und medizinischen Anweisungen für die Patientenverfügung berücksichtigt, ist dies ein möglicher Weg. Jeder Arzt, jede Krankenkasse und Behörde sowie insbesondere Banken haben interne Vorschriften, nach denen sie arbeiten müssen. Daher sind diese auch zwingend in der Formulierung zu beachten.

Entsprechend passt dieser Weg nicht zu vielen. Die meisten Menschen merken hier, dass  entsprechende Kenntnisse fehlen. Sie erkennen, dass das Risiko nicht anerkannter Dokumente, aufgrund falscher oder fehlender Formulierungen, einfach zu groß ist.

Zweite Variante: Ankreuzformulare

Eine weitere Alternative sind sogenannte Ankreuzformulare. In diesen Vordrucken sind bereits alle, oder besser gesagt viele, Formulierungen enthalten. In der Regel werden diese Vordrucke mit den persönlichen Daten sowie den Daten der künftigen Vertrauenspersonen des Kunden ausgefüllt. Danach wählt er die rechtlichen und medizinischen Regelungen, die er für richtig erachtet. Dann heißt es nur noch: unterzeichnen und abheften, fertig.

Zu entsprechenden Formularen gibt es hunderte von Vordrucken und Broschüren im Internet. Manchmal sind zur Orientierung ein paar Erklärungen und Hinweise dabei, um die richtigen Dinge auszuwählen.

Diverse Onlineportale, auf denen Kunden diese Vollmachten und Verfügungen generieren können, führen in einer Art Interview-Format durch das System und erstellen dann ein Dokument. Dieses druckt man dann nur noch aus, unterzeichnet es und kann es abheften. So zumindest die Aussagen auf den Portalen.

Der Vorteil: Der Kunde braucht sich die Texte nicht selbst ausdenken, nur noch ankreuzen und sie sind kostenlos oder für einen ganz geringen Betrag zu erwerben.

Standardisiert vs. personalisiert

Der Nachteil: Die Methode ist sehr stark standardisiert und passt nicht für jeden vollumfänglich. Möglicherweise kann in den Vordrucken nur eine bevollmächtigte Person eingetragen werden. Was aber, wenn der Kunde mehrere Personen bestimmen möchte und dem Formular nach auch die Rangfolge nicht klar ist? Das kann in der Praxis zu zusätzlichen Hürden führen.

Die größten Schwierigkeiten gibt es bei Banken und Sparkassen. Deren sehr strenge Vorgaben im Umgang mit den Vermögenswerten auf Konten passt nicht mit den Formulierungen auf diesen standardisierten Vordrucken zusammen. Um hier mal eine Zahl zu nennen:

Ca. 80 Prozent der Formulare können nicht anerkannt werden. Diese Aussage kommt aus diversen Rechtsabteilungen von Banken und Sparkassen.

Das weitere Problem stellt sich unter Umständen erst heraus, wenn diese Vollmachten und Verfügungen gebraucht werden. Niemand hat im Vorfeld überprüft, ob die angekreuzten rechtlichen oder medizinischen Regelungen wirklich zusammenpassen. Oder sich Widersprüche ergeben, die ein Laie gar nicht bemerkt. Leider fehlt diese rechtliche und medizinische Überprüfung auch bei einer Vielzahl der derzeit im Netz verfügbaren Onlineportale – obwohl hier etwas Anderes suggeriert wird.

Aufgrund dieser vielen Herausforderungen empfiehlt nicht nur das Bundesministerium für Justiz, sich Hilfe sowie umfassend Informationen einzuholen und sich rechtlich und medizinisch beraten zu lassen. Dies kann durch einen Anwalt, Notar oder ähnliche Stelle erfolgen, die wir uns im Teil zwei näher anschauen.

Titelbild: © Steffen Moser

Über unseren Experten

Als Experte für Generationenberatung führt Steffen Moser mehrfach im Jahr die Masterclass of Generationconsulting an verschiedenen Standorten in Deutschland durch. Weitere Infos finden Interessierte unter diesem Link.