Familien, denen trotz doppeltem Einkommen die Inflation zu schaffen macht, die mit Sprit-, Gas- oder Strompreisen kämpfen. Alles bekannte Geschichten aus den Medien. Und doch gibt es eine Gruppe, die dabei oft vergessen scheint, jedoch – nicht nur finanziell – die doppelte Last trägt: Alleinerziehende. Umso wichtiger ist es, auf diese Zielgruppe ein Auge zu haben. Auch, um auf eine entsprechende Absicherung hinzuweisen.
Selbstbestimmt alleinerziehend
Die Zahl der Alleinerziehenden steigt. Dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zufolge wuchs sie um 200.000 Personen seit dem Jahr 1996 bis 2021. Lag die Zahl damals noch bei 1,3 Millionen an Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern, so steht sie inzwischen bei rund 1,5 Millionen. Die Gründe hierfür sind vielfältig. Sei es das Ende einer Ehe oder Beziehung, eine ungewollte Schwangerschaft oder die Weigerung der Männer, die Vaterschaft für ein uneheliches Kind anzuerkennen. Ebenfalls auf dem Vormarsch: Die selbstbestimmte Entscheidung einer Frau, mittels künstlicher Befruchtung oder Adoption alleine ein Kind großzuziehen. Während die Zahl der Fertilisationen stetig ansteigt, geht die der Adoptionen zurück. Wenn, finden letztere eher innerhalb einer Beziehung statt, bei der Stiefkinder von den „neuen“ Elternteilen rechtlich anerkannt werden.
Während in den 90er-Jahren – vor allem freiwillig – „alleinerziehend“ noch überwiegend die Frau betraf, zeigt die Zeit auch hier eine Trendwende. Single Männer, die einen Kinderwunsch hegen, haben inzwischen ebenfalls die Möglichkeit einer Ein-Eltern-Familie. Die gängigsten Optionen: Adoption, Leihmutterschaft oder eine Co-Elternschaft, die rein formell mit einer weiblichen Partnerin geführt wird. Dennoch: In neun von zehn Fällen leben Kinder unter 18 Jahren mit nur einem Elternteil statistisch gesehen vor allem bei einer alleinerziehenden Mutter.
Finanziell alleingelassen
Während Menschen, die bewusst eine Entscheidung zur Ein-Eltern-Familie treffen, meist vorab durch kalkulieren, ob das Alleinerziehen eines Kindes finanziell möglich ist, stehen andere vor vollendeten Tatsachen. Damit ist das alleinige Sorgerecht nicht nur emotional belastend. Die Hälfte aller alleinerziehenden Haushalte lebt statistisch gesehen an der Armutsgrenze. Laut Bertelsmann Stiftung lag das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen von alleinerziehenden Müttern im Jahr 2017 bei 1.870 Euro. Mehr als die Hälfte hatte lediglich 1.700 Euro zur Verfügung. Alleinerziehende Väter schneiden etwas besser ab. Hier entspricht das Monatseinkommen rund 2.462 Euro. Keine Summen, die eine umfangreiche Absicherung aller Lebensbereiche zulassen. Der Grund liegt hierbei häufig darin, dass für nur einen Elternteil zeitlich maximal ein Teilzeitjob möglich ist, um zudem das Kind zu versorgen.
Kinderbetreuung, die einen Vollzeitjob ermöglichen würde, kostet wiederum mehr Geld. Ein Teufelskreis. Unterstützung von Regierungsseite bieten der Unterhaltsvorschuss, der für Kinder bis zum 12. Geburtstag gilt sowie bis zum vollendeten 18. Geburtstag beantragt werden kann, oder der Entlastungsbetrag. Das BMFSFJ erklärt hierzu:
„Um die besonderen Belastungen zu berücksichtigen, wurde der Entlastungsbetrag von 4008 Euro im Jahr 2022 auf 4260 Euro im Jahr 2023 erhöht. Bei mehreren Kindern steigt der Entlastungsbetrag ab dem zweiten Kind um 240 Euro pro Kind.“
Bei der derzeitigen Wirtschaftslage ist das für viele Familien nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Gleiches Recht für alle?
Nun sei jedoch auch erwähnt, dass ebenso ein geteiltes Sorgerecht möglich ist. Doch auch hier ist die Geschlechtertrennung eindeutig. Beispielsweise im Jahr 2018: Hier übertrugen Scheidungsrichter in 914 Fällen das alleinige Sorgerecht auf die Mütter und nur in 102 Fällen auf den Vater.
Anders im Falle der in eine Ehe geborenen Kinder. Der Kanzlei Hasselbach zufolge sieht der deutsche Gesetzgeber hier grundsätzlich ein gemeinsames Sorgerecht vor. Die Ausnahmen: Das Familiengericht entzieht einem Elternteil das Sorgerecht, was oft einen Rosenkrieg nach sich zieht und die Psyche des Kindes belastet, oder: Ein Elternteil verstirbt.
Unverhofft kommt … häufiger als gedacht
Sterben, das ist die wohl unberechenbarste und zudem belastendste Komponente im Modell Alleinerziehend. Laut Statistik sind vier Prozent der alleinerziehenden Mütter und neun Prozent der Väter verwitwet. Die Mütter haben dabei durchschnittlich ältere Kinder, während Väter nach dem Tod der Partnerin tendenziell mit jüngeren Kindern zurückbleiben. Die Crux: Väter, die besser verdienen, müssen finanziell länger für die Kinder aufkommen, während die geringer verdienenden Frauen für ältere Kinder zwar statistisch gesehen eine kürzere Zeit bis zur Volljährigkeit überbrücken müssen, die Ausgaben für Ausbildung und Co. jedoch oft höher sind.
Die Statistiken zeigen auch im Jahr 2023 deutlich: Egal, ob in einer Familie ein Elternteil und damit Versorger oder auch Betreuer plötzlich weg bricht, oder, ob von vorne herein und bewusst alleinerziehend, Absicherung ist gefragt. Die alleinerziehende Mutter Nathalie berichtet im Interview beispielsweise von einem Unfall, der ihr zeigte, wie wichtig es ist, vorzusorgen, damit ihr Sohn im schlimmsten Fall nicht alleine da steht. Der Beratungsfokus sollte daher nicht nur auf der Zielgruppe Familie, sondern ebenso auf Alleinerziehenden liegen. Auch, wenn die finanziellen Mittel oft knapp sind, Vorsorgedokumente sind wesentlich. Welche dazu gehören, erläutert beispielsweise Steffen Moser, Experte für Generationenberatung, anhand einer Checkliste in diesem Beitrag.
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