Zu ihrer Arbeitskleidung gehören Waffen und Schutzwesten – schusssicher und stichsicher. Zollbeamte leben mit dem Risiko, dass auf sie geschossen oder bei Baustellen-Razzien mit dem Schraubenzieher losgegangen wird.
Über ihre Arbeit wird nicht viel geschrieben und nachgedacht. Zollbeamte stehen meist im Schatten ihrer Polizeikollegen. Zu Unrecht.
Corona treibt Schattenwirtschaft an
Schwarzarbeit, Dumpinglöhne und illegale Beschäftigung von Arbeitern aus den Ländern des ehemaligen Jugoslawien haben während der Pandemie deutlich zugenommen. Um so wichtiger ist die Arbeit der Zollbeamten, die immer häufiger auch Baustellen überprüfen.
Kein leichter Job: „Ein großes Problem ist die Verständigung. Ein Großteil der Arbeiter stammt inzwischen aus Osteuropa”, berichtet der 27-jährige Zoll-Teamleiter Heiko Strauß in der SWR-Reportage „Zoll greift durch – Razzia gegen Schwarzarbeit“. Deshalb gehört nun auch ein Dolmetscher zum Team.
Zollbeamte entsetzt über Ausbeutung
Die Ulmer Zollbeamten, die der Film bei ihrer Arbeit begleitet, erleben bei ihren Einsätzen die ganze Härte des Baugewerbes. Bauarbeiter, die meisten aus Bulgarien und Rumänen und für Subunternehmen tätig, sind oft in der gleichen Situation: Viel Arbeit, wenig Geld, viele Überstunden, oft unwürdige Unterkünfte. „Mir liegen die Arbeitnehmer am Herzen, weil sie sich oft unter Wert verkaufen”, sagt die junge Zollbeamtin Mandy Frey. Auch ihre Kollegin Jana treibt das Thema Gerechtigkeit an:
„Wir setzen das geltende Recht durch und machen das Leben der Betroffenen durch unsere Arbeit gerechter“
Jana Bestenlehner, Zollbeamtin , 27
Zahlen und Fakten
Über 44.000 Mitarbeiter sind für den deutschen Zoll im Einsatz, der direkt dem Bundesministerium für Finanzen unterstellt ist – und sich in Bonner Generalzolldirektion, 41 Hauptzollämter, 250 Zollämter und acht Zollfahndungsämter unterteilt. Ob Verwaltungsaufgaben, Einsätze auf dem Boot, am Flughafen oder an der Grenze – die Aufgaben sind vielfältig. Die zweijährige Ausbildung im mittleren Dienst setzt Realschulabschluss voraus, für den gehobenen Zolldienst mit dreijährigem dualem Studium braucht es Fachhochschulreife.
Der Zoll – wichtige Stütze für Gesellschaft und Wirtschaft
Was wenige auf dem Schirm haben: Zollbeamte sichern durch ihre Arbeit auch die finanzielle Leistungsfähigkeit des Staates und die Stabilität der Sozialsysteme. Sie kümmern sich um Verbrauchs,- KFZ- und Umsatzsteuern auf eingeführte Waren, treiben Zahlungen für Krankenkassen oder Arbeitsämter ein und sichern zudem den Plagiats- und Artenschutz.
Zollbeamten ist nichts fremd
Käse- und Zigaretten-Schmuggler, Waffen- und Drogenhändler
Allein 2019 beschlagnahmten Zöllner 60 Millionen unversteuerte Zigaretten, mehr als 10,2 Tonnen Kokain, 2,6 Tonnen Marihuana, 938 Kilogramm Heroin, 400 kg Haschisch und 146 Kilogramm Crystal Meth. Selbst Herzhaftes wird geschmuggelt: 240 Kilo – unversteuerten -Schweizer Käse fanden deutsche Zollbeamte letzten Herbst in einem Kofferraum.
Quelle Generalzolldirektion Stand April 2020
Gefälschte Ersatzteile, Fake-Medikamente, Rohrratten …
Fälschungen und Produktpiraterie verursachen schätzungsweise weltweit einen jährlichen Schaden von mehreren Milliarden Euro und vernichten Zehntausende von Arbeitsplätzen. Aber auch kopierte Produkte wie Kfz-Ersatzteile oder Medikamente stellen ein erhebliches Risiko dar.
Auch das Thema Artenschutz gehört zur Arbeit der Zollbeamten. Allein im Jahr 2019 wurden Zöllnerinnen und Zöllner über 1.400 Mal fündig und beschlagnahmten knapp 38 Tonnen sowie fast 470.000 Exemplare geschützter Tiere, Pflanzen und Objekte. Zuletzt stellten Zollbeamte am Münchener Flughafen eine gebratene Rohrratte – ein korpulentes Nagetier – in einem Koffer aus Afrika sicher.
Quelle: Generalzolldirektion Stand April 2020
Attackierte Zollbeamte – ein Leben mit Restrisiko
Wie Polizisten wissen auch Zollbeamte im Aussendienst nie, was auf sie zukommt. So verurteilte das Amtsgericht Nordhorn am 9. März 2021 einen Mann wegen Widerstands gegen Zollbeamte und Beleidigung zu einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten. Kein Einzelfall.
„Die zunehmenden, gewaltsamen Angriffe auf Beschäftigte des öffentlichen Dienstes finden nicht nur auf Polizisten statt, sondern auch auf Zöllnerinnen und Zöllner“
Dieter Dewes Bundevorsitzender BDZ, Deutsche Zoll -und Finanzgewerkschaft
In der Politik wächst das Bewusstsein, der zunehmenden Gewalt gegen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, etwas entgegenzusetzen. Hitzige Diskussionen löste deshalb ein Vorstoß aus, Zollbeamte künftig zu entwaffnen. Denn Rund ein Drittel von ihnen trägt Dienstwaffe. Das forderte im vergangenen Jahr Florian Toncar von den Freien Demokraten, inzwischen Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesfinanzministerium.
„Anstatt ohne Anlass unbescholtene Unternehmer wie Schwerkriminelle zu behandeln, und dadurch Kunden, Gäste und Nachbarn zu verunsichern, müssen diskrete Kontrollen ohne Bewaffnung der Regelfall sein (…).“
Florian Toncar (FDP)
Nach der Vorstellung von Toncar sollen Zollbeamte sich deshalb nur noch in besonderen Gefährdungslagen bewaffnen. Ein Vorschlag, der vor allem bei der deutschen Zoll- und Finanzgewerkschaft für Entsetzen sorgte. Es bestünden aus gutem Grund Vorschriften zur konsequenten Eigensicherung.
„In einer Zeit des Konkurrierens um Arbeitskräfte (…) muss sich jede aktive Zöllnerin und jeder Zöllner sowie ein jeder Interessent (…) des umfassenden Schutzes (…) durch seinen Dienstherren sicher sein können.“
Dieter Dewes, Bundesvorsitzender Deutsche Zoll -und Finanzgewerkschaft
Denn gerade in Europa mit seinen offenen Grenzen ist guter Nachwuchs für die Arbeit des Zolls von großer Bedeutung.
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