Risikoberuf Seenotretter: Alles im Lot auf dem Boot

Risikoberuf Seenotretter: Alles im Lot auf dem Boot

Oktober 2019: Vier Mädchen gehen vor Burhave auf eine Wattwanderung. Die Flut überrascht sie und schnell sitzen sie auf einer Sandbank fest. Ein Fall für die deutschen Seenotretter. Wie arbeiten Seenotretter und was macht den Beruf so riskant? Wir riskieren einen Blick.

Seenotretter in Zahlen

Zunächst ein paar Zahlen. Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) führt 180 Festangestellte, dazu kommen 800 Freiwillige. Im Jahr 2020 liefen die Schiffe der Organisation zu 1.720 Einsätzen aus und retteten 357 Menschen das Leben. Die Flotte des DGzRS besteht aus 20 Seenotrettungskreuzern und 40 Seenotrettungsbooten. 2019 trug die Gesellschaft einen finanziellen Aufwand von 55 Millionen Euro. Auf der Homepage ruft die DGzRS zur Spende auf – eine Stütze durch Steuergelder bekommt sie nach eigenen Angaben nicht. Seit ihrer Gründung im Jahr 1865 hat die DGzRS mehr als 80.000 Menschen vor einem nassen Schicksal bewahrt. Ihr Einflussbereich reicht von Borkum im Westen der Nordsee bis Usedom auf der anderen Seite Deutschlands.

Risiken für Seenotretter

Seenotretter sind im Einsatz vielfältigen Risiken ausgesetzt. Sie müssen Feuer löschen, vermisste Personen finden, auf Grund gelaufene Schiffe evakuieren und je nach Fall auch Verletzte bergen, versorgen und sie transportieren. Dementsprechend müssen Seenotretter über ein gewisses Maß an körperlicher Robustheit verfügen. Stressresistenz und Besonnenheit sind ebenso wichtig. Weil es sich beim Seenotretter nicht um einen Ausbildungsberuf handelt, erfolgt die Ausbildung mittels verschiedener Weiterbildungen.

Wenn sie sich im Sturm aufmachen, um Menschen zu retten, kann das für Seenotretter gefährlich ausgehen. Eine der größten Gefahren auf See ist der Sturm. So verunglückte im Jahr 1967 der Seenotrettungskreuzer ADOLPH BERMPOHL bei einem Einsatz vor Helgoland. Lediglich das Schiff konnte noch geborgen werden, von der Crew fehlte jede Spur.

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Ausbildung

Um bei der DGzRS festangestellter Seenotretter zu werden, müssen Interessierte bereits vorab an der Hochschule ein nautisches oder technisches Patent erworben und „ausgefahren“ haben. Fest angestellte Vormänner oder Maschinisten müssen die folgenden Einstellungsvoraussetzungen erfüllen:

  • ein nautisches oder technisches Patent der Handelsschifffahrt oder Fischerei
  • das Allgemeine Betriebszeugnis für Nautiker
  • einen Grundlehrgang in Erster Hilfe
  • sowie die gültige Gesundheitskarte

Freiwillige Seenotretter müssen in der Nähe der Stationen leben und erhalten die entsprechende Ausbildung in ihrer Freizeit. Bestimmte Führerscheine sind keine Voraussetzung, aber von Vorteil. Die freiwilligen Mitarbeiter üben ihre Tätigkeit auf ehrenamtlicher Basis aus.

Seenotretter und Politik

Ein weiteres Risiko für Seenotretter – wenn auch nicht unbedingt für die deutschen – sind aktuelle politische Entwicklungen rund um die das Seerecht betreffenden Gesetze. Vor allem in den vergangenen Jahren gerieten Seenotretter mehr und mehr in die Kritik. Der Vorwurf der Beihilfe zur Menschenschlepperei häuft sich, Schiffe werden festgesetzt oder beenden ihre Mission. Ein Beispiel dafür ist die „Sea Watch 3“, deren Kapitänin medienwirksam vor ein italienisches Gericht gestellt wurde. Auf dem offenen Ozean ist die Seenotrettung nach sogenannten SAR-Zonen (Search and Rescue) eingeteilt, die für eine effektivere Organisation der Seenotrettung sorgen sollen. Diese sind jeweils an Küstenstaaten gebunden und legen fest, wer im Notfall die Rettung regeln soll. Dem Bundestag zufolge gilt ein Patrouillieren ausländischer Rettungsschiffe in beispielsweise dem libyschen Küstenmeer als Verletzung des Territorialprinzips.

Quelle: Statista

Rettung im Binnengewässer

Nun, da es wieder wärmer draußen wird, zieht es Menschen überall in Deutschland zurück an die Strände und die Seen. Sobald Menschen in Binnengewässern in Gefahr geraten, kommt die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) ins Spiel. Laut DLRG-Statistik 2020 sind in Deutschland mindestens 378 Menschen ertrunken. 88 Prozent davon eben in Binnengewässern. Im Vergleich zu 2019 ist die Zahl der Opfer um neun Prozent zurückgegangen – der DLRG vermutet die Corona-Krise als einen der Gründe dafür. Viele Menschen sind über lange Zeiträume zu Hause geblieben und hatten dementsprechend weniger Chancen, in Binnengewässern zu ertrinken. Im Corona-Jahr hatte der DLRG gleichzeitig einen großen Mitgliederschwund zu verzeichnen. Deren Gesamtzahl sank von 575.130 auf 551.665 Mitglieder.

Sie haben Interesse an weiteren riskanten Berufen? Im DELA Magazin haben wir uns zum Beispiel mit Soldaten und Bergrettern befasst.

Titelbild: ©corlaffra/stock.adobe.com

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