Als jüngerer Bruder der Huberbuam zählt Alexander Huber zu den besten Alpinisten der Welt. Um sich Rang und Namen als Profibergsteiger und Extremkletterer zu erarbeiten, begann das Training früh. Als Kind bergaffiner Eltern, aufgewachsen im Berchtesgadener Land, bezwang Alexander Huber bereits im Alter von zehn Jahren seinen ersten 3.000er. Routine, die einerseits Sicherheit schafft, andererseits birgt jede neue Tour ein gewisses Risiko.
Jahre später, nach zahlreichen sportlichen und damit beruflichen Erfolgen, steht für Alexander Huber jedoch nicht der Rekord als bisher wichtigste Errungenschaften oder noch größtes Ziel im Vordergrund. Im zweiten Teil des Interviews wird deutlich: Zusammenhalt, Gesundheit und ein langes Leben sind das Wichtigste.
Redaktion: Kann es sein, dass vor allem Männer im Klettern zu Hause sind? Gerade der Extremalpinismus scheint eher eine Männerdomäne zu sein.
Alexander Huber: Nein, das stimmt schon lange nicht mehr. Klettern per se ist ein sehr ausgeglichener Sport. Wenn man heute in die Kletterhallen geht, sieht man teilweise sogar mehr Frauen als Männer. Wenn es international um das ganz extreme Höhenbergsteigen geht, mag es stimmen, dass es aktuell noch mehr Männer sind, aber: Der Anteil der Frauen wächst beständig.
Klettern ist ein sehr integrativer Sport und lässt sich auch mit der Familie gut vereinbaren.
Denn auch wer sportlich auf verschiedenen Niveaus ist, kann gemeinsam klettern. Das Sichern funktioniert durch Gegenseitigkeit. Wenn der Partner nicht so stark ist, klettert eine leichtere Route, während der stärkere auf der schwierigeren Route gesichert wird.
Redaktion: Klettern denn auch Sie noch mit Anfängern? Oder ist das aus Ihrer ganz persönlichen Sicht doch schon zu „langweilig”?
Alexander Huber: Nein! Ich bin sogar selten mit gleich starken Kletterpartnern unterwegs. Genau das ist das Schöne und auch der Grund, warum Klettern so stark von Familien angenommen wird. Selbst Erwachsene können mit Kindern klettern gehen. Bei vielen anderen Sportarten ist es nicht möglich, dass alle gemeinsam aktiv sind.
Redaktion: Sind sie als ausgebildeter Ski- und Bergführer denn auch noch mit Kunden unterwegs?
Alexander Huber: Ich habe ein kleine Stammkundschaft, die ich mir noch immer erhalte. Das sind Leute, die viel Arbeit haben, wenig Zeit und in ihrer wenigen Freizeit eine geile Zeit auf dem Berg verbringen wollen.
Redaktion: Wie blendet man bei extremen Berg- und Klettertouren die Angst aus? Oder sollte man sie gar nicht ausblenden?
Alexander Huber: Ich habe ein Buch geschrieben: „Die Angst, dein bester Freund“. Der Titel alleine sagt, wie es ist:
Gerade auf dem Berg ist die Angst unsers wichtigste Rückversicherung.
Wir sind darauf angewiesen, dass die Angst uns auf dem Berg auf Risiken aufmerksam macht. Wenn ich gewisse Schwierigkeiten nicht im Griff habe, löst die Angst keine Panik oder Nervosität aus, sondern genau das, was ich brauche: Konzentration.
Redaktion: Wie entscheidend sind dazu die äußerlichen Bedingungen am Berg?
Alexander Huber: An den großen Bergen der Welt ist das tatsächlich von entscheidender Bedeutung. Auch das gehört zur Erfahrung. Zu wissen, wie es sich auf dem Berg unter diesen Bedingungen verhält. Deswegen braucht es bei entsprechenden Expeditionen „alte Haudegen“, die nicht nur über die notwendige Kraft, sondern auch die notwendige Erfahrung verfügen. Dadurch geht die Unternehmung nicht nur erfolgreich aus, sondern auch gut – alle kommen gesund nach Hause.
Redaktion: Ab einem gewissen Zeitpunkt gelten einige Sportler als unversicherbar. Kam Ihnen dennoch an einem Zeitpunkt in Ihrer Karriere der Gedanke nach einem Versicherungsschutz?
Alexander Huber: Ich bin schon immer reflektiert an den Sport herangegangen. Daher habe ich mir um eine Versicherung erstmal keine Gedanken gemacht. Wenn ein ungutes Gefühl aufkam, habe ich mir eher Gedanken darüber gemacht, ob ich zu progressiv unterwegs war. Denn: allzuoft sollte so eine Situation im Leben nicht passieren.
Redaktion: Wie bewusst ist einem das Risiko nach einigen Jahren Erfahrung noch? Nimmt das Bewusstsein ab oder zu?
Alexander Huber: Ich würde sagen: Man ist nach längerer Zeit und zunehmender Erfahrung sicherer unterwegs. Das belegen auch Statistiken.
Die Zeit des Stürmens und Drängens ist die gefährlichste eines jeden Kletterers. Am Ende ist das allerdings auch die Zeit, in der man die Erfahrung erst gewinnt.
Daher nochmals meine Empfehlung: Nicht auf eigene Faust ausprobieren, sondern durchaus die Erfahrung von Lehrkräften nutzen. Denn grundsätzlich ist ein Risiko – auf Grund des Geländes – da. Experimente sind brandgefährlich.
Redaktion: Was war ihr größter Erfolg als Alpinist und welche Ziele haben sie in der Hinsicht noch?
Alexander Huber: Der größte Erfolg ist zweifellos, dass ich mit allem Menschen, mit denen ich einen Berg bestiegen habe, auch unversehrt wieder abgestiegen bin. Ich habe alle wieder heil nach Hause gebracht und meine Seilschaft umgekehrt auch mich. Und was ich noch vorhabe, mei, da nehme ich mir meinen eigenen Vater als Vorbild. Er ist 82 Jahre alt und noch immer mit leuchtenden Augen in den Bergen unterwegs. Wenn ich das sehe weiß ich, er ist ein glücklicher Mensch. Mehr kann auch ich mir nicht vom Leben wünschen.
Redaktion: Warum ist es das Risiko trotz allem immer wieder wert in die Berge oder die Kletterwand zu gehen?
Alexander Huber: Ganz einfach: Wer draußen auf den Bergen unterwegs ist, ist einfach glücklich. Ich denke, dass hat zu einem großen Teil damit zu tun, dass wir Menschen uns zwar ein Leben in der modernen Welt geschaffen haben, aber am Ende immer noch der Natur entstammen. Deshalb tut es uns auch verdammt gut, wieder dahin zurück zu gehen. Zudem verschafft es ein Gefühl von Sicherheit auf dem Gipfel zu stehen und den Überblick über die Dinge zu haben.
Titelbild & Beitragsbild: © Thomas und Alexander Huber, Huberbuam
Über unseren Experten
Alexander Huber ist staatlich geprüfte Berg- und Skiführer sowie diplomierter Physiker. Bekannt wurde er als jüngerer Bruder der Huberbuam als Profibergsteiger und Extremkletterer. Durch die Bezwingung des Zodiac in 1:51,34 Stunden gelang den Brüdern die schnellste Begehung eines Big Walls am El Capitan. Zudem erkletterten sie 2007 und 2008 in 2:45,45 Stunden den Speed-Rekord an der wohl berühmtesten Felsroute der Welt – der Nose. Dokumentiert ist die Klettertour im Kinofilm “Am Limit“, ausgezeichnet mit dem Bayerischen Filmpreis sowie dem Deutschen Kamerapreis. Über die Karriere als Alpinist veröffentlichten die Brüder sechs Bücher und hielten bisher rund 1.000 Vorträge. 2008 erhielt das Duo den Bayerischen Sportpreis.