Generation verantwortungslos? Von wegen!

Weg von den Klischees: Am 22. April findet wieder der Girls‘ Day statt, der Mädchen Einblick in unterschiedlichste Berufsfelder geben soll. Doch wie steht die junge Generation zur Versicherungsbranche? Das Ergebnis fällt recht ambivalent aus.

Ist die Versicherungsbranche unattraktiv?

Auf den ersten Blick scheinen viele junge Menschen wenig für Versicherungen übrig zu haben. Bei einer vielzitierten letztjährigen Erhebung des Marktforschungsinstituts YouGov für das Beratungsunternehmen Bearing Point gaben 41 Prozent der befragten 18- bis 20-Jährigen an, sich nicht für Versicherungen zu interessieren und auch keine Kenntnisse zu Versicherungsprodukten zu haben.

Bei abgeschlossenen Versicherungen verfügten die meisten Befragten über eine Haftpflichtversicherung, gefolgt von einer Auslandskrankenpolice. Risikolebensversicherungen würden kaum eine Rolle spielen. 40 Prozent gaben außerdem an, die Versicherungsbranche als Karriereoption unattraktiv zu finden.

Allerdings wird die Studie der jungen Generation nicht ganz gerecht: Da ausschließlich 18- bis 20-Jährige befragt wurden, zeigt dies eigentlich nur eine kurze Momentaufnahme aus einem Abschnitt des Lebens, in dem Versicherungen eher eine untergeordnete Rolle spielen: Viele sind noch durch die Eltern versichert, das Budget ist sehr limitiert und die Zukunft erst einmal unklar. Da lässt sich schwer mit Versicherungen planen.

Corona treibt die junge Generation zum Sparen

Aber sobald die jungen Menschen ihre ersten Schritte ins Berufsleben gewagt haben und in die Familienplanung einsteigen, ergibt sich ein ganz anderes Bild. So legt eine neuere Studie des Marktforschungsunternehmens Kantar im Auftrag der Postbank dagegen nahe, dass Sparen bei der jungen Generation wieder hoch im Kurs steht. Einen großen Einfluss darauf hatte sicherlich auch die Corona-Krise, die noch einmal gezeigt hat, welche Wichtigkeit finanzielle Sicherheit und Absicherungen vor Risiken haben.

An der Kantar-Umfrage nahmen 1000 Bundesbürger jeder Altersgruppe ab 16 Jahren teil. Dabei gaben zwei Drittel der unter 30-Jährigen an, sich um ihr Einkommen zu sorgen. Diese finanzielle Unsicherheit wirkt sich auch darauf aus, wie junge Menschen zum Thema Geld stehen: Mehr als die Hälfte der befragten unter 30-Jährigen erklärte vor der Pandemie, dass es sie am glücklichsten macht, Geld für ein schönes Erlebnis auszugeben. Jetzt teilen nur noch 37 Prozent diese Ansicht.

Der Besitz von Geld wird nun dagegen von 34 Prozent als glückbringend bezeichnet – vorher waren es nur 24 Prozent. Deshalb sparen laut Studie immer mehr junge Menschen. Der Anteil derer, die Rücklagen bilden, ist unter den 16- bis 29-Jährigen von allen Altersgruppen am höchsten – fast 95 Prozent sparen, der Durchschnitt liegt bei 83 Prozent. Das ist ein guter Anfang, um für Aufgeschlossenheit gegenüber Versicherungsprodukten zu werben.

Bereitschaft zum Abschluss ist hoch

Eine Umfrage des Beratungsinstituts Sirius Campus unter 18- bis 35-Jährigen legt Ähnliches nahe. 81 Prozent der Befragten gaben demnach an, dass Versicherungen auch in Zukunft unverzichtbar sein werden. Zwar würden sie – logischerweise – noch weniger Versicherungsprodukte besitzen, wären aber bereit, in Zukunft mehr Versicherungen abzuschließen.

Deshalb bieten vor allem jüngere Menschen ein großes Potenzial für Vermittler. Das sieht auch Kai Schmied in unserem Interview so. Der junge Vermittler, der bei Finanzteam 26 arbeitet, ist vor allem auf Biometrie und Altersvorsorge spezialisiert.

Redaktion: Hast Du das Gefühl, dass das Bewusstsein für Versicherungs- und Finanzthemen bei jungen Leuten durch Corona gestiegen ist?

Kai Schmied: Ja auf jeden Fall! Es gab zwar von März bis etwa August 2020 einen kleinen Corona-Knick bei uns, aber seitdem habe ich das Gefühl, dass das Bewusstsein klar zugenommen hat. Einerseits durch Corona und die möglichen Folgen selbst, andererseits auch durch die freien Kapazitäten an Zeit und Geld. Gerade beim Thema Geldanlage beobachte ich derzeit einen Hype um Aktien, zumindest bei unter 30-Jährigen. Sogar in meinem Freundeskreis wird aktuell ständig über Kryptowährungen oder Aktien gesprochen.

Redaktion: Wie informiert sich die junge Generation zum Thema Versicherungen und Vorsorge?

Kai Schmied: Entweder durch die Eltern, die sagen „mach mal eine Berufsunfähigkeits-Versicherung, das ist wichtig“, oder durch diverse Medien, andere Kommilitonen oder Kurse an der Uni. Manche informieren sich auch auf Social-Media-Plattformen. Teilweise haben sich unsere Interessenten auch schon durch Internetrecherche leicht vorinformiert. Manchmal müssen wir aber auch gefühlt bei Null anfangen.

Redaktion: Welche Themen sind ihnen dabei am wichtigsten? Ist auch hier Nachhaltigkeit ein wichtiger Faktor?

Kai Schmied: Bevor ich das Thema Nachhaltigkeit angesprochen habe, wurde ich in den vergangenen Jahren vielleicht zweimal dazu gefragt. Seitdem es bei jedem Gespräch erwähnt werden muss, erhalte ich fast immer dieselbe Antwort: “Wenn ich dadurch keine anderen Nachteile oder eine geringere Rendite habe, dann gerne.“ Da es mittlerweile zumindest bei der Altersvorsorge schon ganz gute Möglichkeiten gibt, habe ich in letzter Zeit vermehrt Netto-Fonds-Policen mit teilweise oder vollständig nachhaltigen Fonds vermittelt.

Redaktion: Gibt es bei Versicherungsfragen einen Unterschied beim Geschlecht?

Kai Schmied: Das kann ich nicht bestätigen, zumindest nicht bei unseren Studenten. Bei Frauen fällt mir nur auf, dass beim ersten Kind oft essentielle Versicherungen gekündigt werden. Mir ist aber nicht so klar, warum – denn gerade dann erhöht sich doch das Risiko und der Bedarf. Ich vermute aber, dass hier noch zutiefst konservative Vorstellungen schlummern.

Redaktion: Was können Vermittler Deiner Meinung nach tun, um junge Menschen besser anzusprechen?

Kai Schmied: Eigentlich gibt es viele Möglichkeiten, junge Menschen anzusprechen, aktuell funktioniert das wegen der Corona-Pandemie aber vor allem über digitale Wege. Deshalb ist die Online-Präsenz besonders wichtig – sie ist die erste Anlaufstelle und ein wichtiger Impuls, wenn sich junge Menschen über Euch informieren wollen. Nutzt deshalb die Möglichkeit, dort Euer Wissen und Eure Persönlichkeit zu zeigen, aber lasst dabei nicht zu sehr den Verkäufer heraushängen.

Ich höre immer wieder, dass sich viele für mich entschieden haben, weil ich ihnen nicht alle paar Tage auf die Nerven gegangen bin, um Ihnen eine Beratung „anzudrehen“. Stattdessen versuche ich mich eher als „Fakten-Erklärbär”. Ich habe das Gefühl, damit den Zeitgeist ganz gut zu treffen. Das heißt nicht, dass das jeder so machen soll, oder dass mein Weg der Beste ist. Aber für mich funktioniert es sehr gut!

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