Atomkraft als Technologie mit Risiko: Energie mit Nebenwirkungen

Atomkraft: Energie mit Nebenwirkungen

Zehn Jahre nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima und ein Jahr vor dem geplanten Atomausstieg Deutschlands werfen wir einen Blick auf eine der umstrittensten Technologien unserer Zeit. Welche Vorteile und welche Risiken birgt die Kernkraft?

Wie Deutschland aus der Atomkraft ausstieg

Am 11. März 2011 um 14:47 Uhr Ortszeit sorgte ein Erdbeben in Japan für schwere Störfälle im Kernkraftwerk Fukushima Daiichi. In Block 1 bis 3 des Werkes kam es zu Kernschmelzen. Radioaktives Material wurde freigesetzt und kontaminierte Luft, Böden und Wasser in der Umgebung. Ungefähr 100.000 bis 150.000 Einwohner mussten das Gebiet vorübergehend oder dauerhaft verlassen.

Das Entsetzen weltweit – vor allem in Deutschland – war groß. Erinnerungen an die Atomkatastrophe von 1986 in Tschernobyl wurden wach. Bundeskanzlerin Angela Merkel versprach rasch einen Atomausstieg, der zwischen 2015 und 2022 erfolgen soll.

Atomkraftbefürworter verurteilen nach wie vor das geplante Kernenergie-Aus in Deutschland: Atomkraft gilt als effizient und klimafreundlich, da es kaum CO2-Ausstoß verursacht. Deshalb wäre Kernenergie im Kampf gegen den Klimawandel natürlich eine große Hilfe.

Bill Gates will Atomkraft ohne Abfall

Auch Milliardär und Philanthrop Bill Gates hält viel von nuklearer Energie: “Durch Atomkraft kommen sehr viel weniger Menschen ums Leben als durch Autos”, schreibt Gates in seinem neuen Buch „Wie wir die Klimakrise verhindern“. Auch die Luftverschmutzung durch Kohlekraft führe zu mehr Todesopfer als die Kernenergie.

Skeptiker beeindruckt dies indes wenig. Denn so klimafreundlich Atomenergie auf den ersten Blick erscheinen mag, bleibt das Problem des extremen umwelt- und gesundheitsschädigenden Atommülles, für den bis jetzt in Deutschland und vielen weiteren Ländern noch kein geeignetes Endlager gefunden wurde.

Gates will deshalb die Technologie modernisieren und arbeitet mit seiner Firma TerraPower und GE Hitachi Nuclear Energy an modularen Atomanlagen; sie wollen einen “kostengünstigen, schnellen Natriumreaktor mit einem Salzschmelzen-Energiespeichersystem“ herstellen.

Noch in diesem Jahrzehnt sollen die neuartigen Reaktoren auf den Markt kommen. Das Vielversprechende an ihnen: Mit diesem System ist es möglich, nuklearen Abfall wiederzuverwerten, damit nur wenig strahlende Reste hinterlassen werden.

Kernenergie bleibt ein Streitthema

Experten kritisieren allerdings unter anderem die Verwendung von Natrium als Kühlelement, dessen „kerntechnische Eignung seit Jahrzehnten umstritten“ ist, schreibt die Zeit. Der Grund: Flüssiges Natrium reagiert sehr heftig mit Luft und Wasser – ein potenzielles Sicherheitsproblem. Auch zwei aktuelle Gutachten, die das deutsche Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung in Auftrag gegeben hat, melden Bedenken an.

Doch auch wenn sich Deutschland im kommenden Jahr endgültig aus der Kernenergie verabschiedet, wird der Streit um die Atomkraft kein Ende finden: Denn nun geht es darum, ein geeignetes Endlager für den Atommüll zu finden. Bisher gibt es in Deutschland nur Atommüll-Zwischenlager.

Wer will Deutschlands Atommüll haben?

Der Salzstock Gorlebens wurde zwar in den 70er Jahren zum Endlager auserkoren – doch die Anwohner leisteten erbitterten Widerstand gegen diese umstrittene Entscheidung. Also brauchen 1900 Behälter oder 27.000 Kubikmeter Atommüll weiterhin einen Lagerplatz, an dem sie Mensch und Umwelt möglichst wenig Schaden zufügen können.

Die Suche nach geeigneten Standorten läuft gerade. Als Endlager käme Wirtsgestein aus Salz, Ton oder Kristallin (wie zum Beispiel Granit) infrage. Außerdem sollen 300 Meter Gestein zwischen Endlager und Erdoberfläche liegen. Falls es dort Erdbeben-Risiken, vulkanische Aktivitäten, junges Grundwasser oder Bergwerke gibt, ist es allerdings als Standort ungeeignet. Bis 2031 soll ein passender Ort in Deutschland gefunden sein.

Dies könnte jedoch eng werden – denn ebenso klar dürfte sein, dass sich jeder ausgewählte Ort gegen die Lagerung des Atommülls heftig wehren wird. Eine Lösung muss aber her, mahnte Michael Sailer, Mitglied der Endlager-Such-Kommission und Experte für Reaktorsicherheit, in der Deutschen Welle: „Die Zwischenlagerung als quasi Dauerzustand hinzunehmen, würde künftige Generationen unverantwortlich belasten.“

Titelbild: ©Teerapon/stockAdobe.com

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