Eingefroren: Wie das Silicon Valley nach der Unsterblichkeit sucht

Ewiges Leben
Unsterblichkeit

Wo viele geniale Denker unserer Zeit arbeiten, läuft seit einiger Zeit die Gralssuche 4.0: die nach dem ewigen Leben. Eine uralte Wunschvorstellung des Menschen. Doch geschafft hat es bisher noch keiner. Wir zeigen, wie Tech-Vordenker versuchen, dem Tod von der Schippe zu springen.

Macht Geld alles möglich?

Im kalifornischen Silicon Valley macht der Mensch dem Tod das Leben auf moderne Weise schwer: mit Wissenschaft, Unmengen an Daten und viel Geld. Die Grundlage hierfür liegt aber in den Businesssuiten an der Büromeile Sand Hill Road südlich von San Francisco. Hier sitzen die Venture Capitalists: milliardenschwere Investoren, die nichts anderes machen, als Geld in vielversprechende Startups zu pumpen. Auch Microsoft, Facebook oder Amazon besorgten sich hier ihr Startkapital. Heute kommen die heißen Kandidaten hingegen aus der Biotech-Branche, etwa Alcor, Unity Biotechnology oder Forever Labs. Sie wollen die Verlängerung des Lebens oder gar Unsterblichkeit – mit unterschiedlichen Methoden.

Ein paar Meilen weiter in San Carlos hat die Google-Mutter Alphabet 2013 das Unternehmen Calico gegründet. Startup-Budget: 1,5 Milliarden Dollar. Auch Calico attackiert das Altern und den Tod. Deshalb betreiben Starforscher wie die Molekularbiologin Cynthia Kenyon hier Grundlagenforschung in Zellbiologie und Genmedizin. CEO Art Levinson sagt, man entwickele Medikamente, die altersbedingte Erkrankungen bekämpfen. „Wir wollen Leben verlängern und Krankheiten stoppen“.

Junges Blut für das ewige Leben

Andere Versuche muten skurril an: Die Firma Ambrosia etwa behauptet, die Alterung von Zellen mit Bluttransfusionen zu stoppen. So erhalten ältere Patienten Blut von jungen Mitmenschen. Ein Liter für schlappe 8000 Dollar soll die Unsterblichkeit möglich machen. Die Methode wurde jedoch Anfang 2019 von der amerikanischen Arzneimittebehörde FDA aufgrund zu hoher Risiken gestoppt.

Zudem setzen Forscher auf Stammzellen oder die Tiefkühlung. Forever Labs in Mountain View bietet seinen Kunden „Cellbanking“ an: Ihre Stammzellen werden tiefgefroren aufbewahrt, um sie später gegen altersbedingte Krankheiten einzusetzen. Aber manche Methoden gehen noch weiter: Die Kryonik-Konservierung der Firma Alcor kann das Gehirn oder den ganzen Körper eines Verstorbenen bei minus 196 Grad einfrieren. Dahinter steht der Glaube, die Wissenschaft sei eines fernen Tages technisch in der Lage, den Tiefkühl-Menschen wiederzubeleben.

30 Jahre Verjüngungskur

Dagegen gehen Firmen wie Sierra Sciences oder BioViva etwas pragmatischer vor. Sie wollen die Schutzkappen der menschlichen DNA-Stränge, die Telomere, manipulieren. Damit werde die Alterung gestoppt. BioViva-Chefin Liz Parrish sagt, sie habe sich 2015 behandeln lassen. Heute zeige die Vermessung ihrer Telomere eine Verjüngung um 30 Jahre an, behauptet sie. „Altern ist eine Krankheit, Gentherapie kann sie heilen“, glaubt Parrish.

Zudem entwickeln Forscher derzeit eine weitere Methode – auch in Deutschland. Mit ihr wollen sie dem Tod sozusagen ein Schnippchen schlagen: mit der Schere. „Crispr“ kann DNA gezielt schneiden und verändern. „Eines der revolutionärsten Werkzeuge der Biotechnolgie“, so Professor Frank Buchholz von der Uni Dresden, der früher an der University of California San Francisco (UCSF) forschte. So sollen eines Tages Gene eingefügt, entfernt oder ausgeschaltet werden können. Dadurch könnten Forscher Erbkrankheiten oder Krebs besiegen, aber auch fittere, langlebigere Menschen entwickeln.

Mit Micro-Robotern zur Unsterblichkeit

Im Silicon Valley sitzt Ray Kurzweil, „Director of Engineering“ bei Google in seinem altmodischen Büro. Der 72-Jährige ist überzeugt: „In 25 Jahren haben wir eine künstliche Intelligenz, die uns unsterblich macht.“ Kurzweil spricht über Nonbots, winzige Chip-Roboter, die in der Blutbahn zirkulieren und wie eine Polizei für Ordnung sorgen.

Der Tod, so scheint es, lässt den Menschen auch im Leben nicht los. Ebenso die Suche nach der Unsterblichkeit. Aber bis die Menschheit einen Weg gefunden hat, den Tod zu besiegen, bleibt ihr nichts anderes übrig, als sich mit ihm auseinanderzusetzen. Wie das genau funktioniert und wie unsere Furcht vor dem Tod unser Verhalten beeinflusst, darüber haben wir mit dem Sozialpsychologen Dr. Simon Schindler gesprochen.

Titelbild: © DisobeyArt / Fotolia.com

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