Die Digitalisierung macht auch vor der letzten Ruhestätte keinen Halt. Immer mehr Angehörige versehen die Gedenkstätte der Liebsten mit einem besonderen Detail: dem QR-Code. Was die meisten bislang nur auf Plakaten und Flyern für mehr Informationsentnahme gesehen und genutzt haben, ist jetzt auch für den Friedhof hilfreich. Damit schafft das digitale Hilfsmittel Zugang zu einer Fülle von Daten, Bildern, Videos und vor allem Erinnerungen.
Der Trend des digitalen Grabsteins
Die Idee der digitalen Gräber kommt aus Südostasien. Seit einigen Jahren ist der Trend auch in Deutschland zu spüren. Wie genau der Grabstein mit QR-Code funktioniert? Die Codes sind meist an normalen Gräbern mit einfachen Tafeln oder Metallplatten befestigt. Dabei muss der Code nicht frontal auf dem Stein prangern, auch die Grabvase oder andere feste Dekoartikel sind geeignete Objekte für eine dezentere Anbringung. Der Angehörige scannt mit Hilfe seines Smartphones den Code auf dem Grab und eine Gedenkseite mit Erinnerungen an den Verstorbenen öffnet sich.
Einige Steinmetze bieten bereits die modernen Grabsteine an. Am beliebtesten ist die Anbringung nicht auf dem Stein selbst, sondern an flexibleren Stellen, damit die Besitzer die Codes, falls sie aus der Mode kommen, leicht entfernen können. Es existieren bereits Internetseiten wie e-memoria.de welche Gesamtpakete anbieten. Darin ist dann der Service, welcher den QR-Code erstellt und eine zugehörige Gedenkwebsite mit flexibler Laufzeit buchbar.
Individuelle Gestaltung: Erinnerungen am Leben behalten
Was für den Einen oder Anderen fragwürdig erscheint, ist für manche eine Hilfe zur Trauerbewältigung. Angehörige können Gräber dank der Codes nämlich individueller und persönlicher gestalten. Durch die Geschichten und Bilder, die sich auf der Website zum Code befinden, kann der Verstorbene außerdem ein Stückchen lebendig bleiben.
Der kleine Barcode hat laut einem Bericht des Kölner Express jedoch nicht nur Befürworter: In Köln sollten die Codes vor Jahren sogar verboten werden. Der Grund: Grabbesitzer haben Angst vor Verunglimpfungen. Andere Kritiker sehen den Friedhof als einen Ort, an dem man den verstorbenen Angehörigen nahe sein kann. Der QR-Code sorge für Ablenkung, rein in die digitale Welt. Der Hauptgrund gegen den digitalen Grabstein sei allerdings die Würde des Friedhofs: Das Internet sei zu profan zum Trauern.
QR-Codes sind erst der Anfang: integrierte Bildschirm-Diashow
Dabei ist der QR-Code auf Grabsteinen längst nicht die Krönung der digitalisierten Friedhöfe. In den Niederlanden beispielsweise ging der Trend schon deutlich weiter. Dort wurde 2007 der erste Grabstein mit integriertem Flachbildschirm eingesetzt. Und der kommt ganz ohne Strom aus. Mit Akkupower oder sogar ganz nachhaltig über Solarpanels können Angehörige dann mit Hilfe einer Fernbedienung Kurzvideos oder Diashows der Verstorbenen ablaufen lassen. Ein Tiroler Steinmetz kombiniert sogar beide Varianten: Auf dem Friedhof befindet sich der Bildschirm in einem Stand-by-Modus. Der Besucher kann dann den Bildschirm mit Hilfe eines am Grabstein angebrachten QR-Codes über das Smartphone aktivieren. Sogar Audio-Dateien sind möglich, jedoch nur über das Smartphone selbst. Wer Zugang zu der digitalen Erinnerungssammlung am Grab haben soll, entscheiden übrigens die Angehörigen selbst.
Ob die Idee des digitalen Grabsteins nun eine Bereicherung oder eine Profanisierung des Trauerns darstellt, darüber kann sich jeder selbst eine Meinung bilden.
Titelbild: © Valerie Honcharuk/stock.adobe.com
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