Was bleibt, wenn nichts mehr da ist: Welttag der Suizid-Prävention

Suizidprävention

8.565. Achttausendfünfhundertfünfundsechzig Mal haben sich im vergangenen Jahr Menschen in Deutschland das Leben genommen. Es sind auch 8.565 Schicksale, die eins gemein haben: Suizidalität ist ein Ausdruck von Hoffnungslosigkeit gegenüber Lebensproblemen oder Krisensituationen, die manchem Menschen unlösbar scheinen. Betroffene sehen angesichts ihrer Verzweiflung keinen anderen Ausweg mehr, als sich das Leben zu nehmen. Die Auslöser aber sind verschieden und oftmals für Außenstehende nicht zu erkennen. Der Welttag der Suizid-Prävention am 10. September möchte für das Thema sensibilisieren.

Die Zahl der Suizide hat durch Corona nicht zugenommen

Die Daten des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass die Zahl der Freitode etwas unter der des Vorjahres (9.041) liegt. Damit hat die Pandemie bislang keinen Einfluss auf Suizide. Trotzdem macht der Freitod noch immer einer der häufigsten Todesursachen aus: häufiger als Verkehrsunfälle, häufiger als jegliche Gewalttaten und häufiger als Drogenmissbrauch zusammengenommen. Das bedeutet, rund 24 Menschen nehmen sich täglich das Leben. Die Statistik zeigt auch, in welchem Alter Suizid am häufigsten vorkommt. Besonders in der Altersgruppe zwischen 50 und 85 wählten Menschen den Freitod. Das Auffällige dabei: Es sind in jeder Altersgruppe mehrheitlich Männer. Zudem fällt auf, dass die häufigsten Todesfälle durch Selbstmord sich nicht im tristen, dunklen Herbst ereignen. Vielmehr sind es die Sommermonate Mai und Juli, in denen das gesellschaftliche Leben floriert sowie der Januar.

Suizid-Prävention: Psychische Erkrankungen sind entscheidend

In die Statistik zählen nur Suizide, die zum Tod geführt haben. Die Zahl der Selbstmordversuche liegt nach Angaben der Stiftung Deutsche Depressionshilfe schätzungsweise 15– bis 20–mal so hoch. Eine erschreckend hohe Zahl – die in den 1980er Jahren sogar noch um ein vielfaches höher war. Damals nahmen sich rund 50 Menschen pro Tag das Leben, also doppelt so viele wie im Jahr 2020. Was bewegt Menschen dazu, sich für diesen scheinbar einzigen Ausweg zu entscheiden? In fast allen Fällen (90 Prozent) litten die Menschen zuvor an psychischen Erkrankungen wie einer Depression. Aber auch Partnerschaftskonflikte, Schulden, gesellschaftliche Themen wie Arbeitslosigkeit oder  chronische körperliche Erkrankungen können ausschlaggebend sein.

Medienberichte über Suizide sind kontraproduktiv

Für labile und psychisch kranke Menschen, die suizidgefährdet sind, können schon Zeitungsberichte über Freitode als Trigger agieren. Der sogenannte “Werther-Effekt” tritt dann auf, wenn über den Suizid einer berühmten Person ausführlich berichtet wird. Wie ihn Goethes Briefroman “Die Leiden des jungen Werther” identifizieren sich Menschen mit dem Leid der beschriebenen Person und wählen den gleichen Ausweg in den Tod. Als beispielsweise über den Suizid des US-Schauspielers und Komikers Robin Williams berichtet wurde, nahm die Zahl der Nachahmer anschließend zu.

Suizid-Prävention ist das entscheidende Mittel

Entscheidend ist die Prävention, um Menschen, die eigentlich noch nicht sterben müssten, zu retten. Laut der Stiftung Deutsche Depressionshilfe ist die Therapie einer Depression die beste Möglichkeit. Dazu hat die Stiftung ein 4-Ebenen-Interventionsprogramm aufgestellt. Dieses bindet sowohl Ärzte als auch Angehörige ein. Gleichzeitig sucht die Stiftung durch PR-Aktivitäten auch gezielt die Öffentlichkeit, um über das Thema aufzuklären. Doch wie ist jemand zu erkennen, der an Selbstmord denkt? Deutliche Anzeichen sind beispielsweise:

  • Merklicher Rückzug aus dem sozialen Umfeld
  • Androhung des eigenen Todes
  • Gefühle der Wertlosigkeit
  • Aggressives Verhalten
  • Hoffnungslosigkeit die Zukunft betreffend

Stiftungen bieten Hilfe für Betroffene

Hilfe finden Betroffene und Angehörige auch bei der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention. Wichtig ist die Aufklärung über das Thema, ohne Betroffene zu stigmatisieren. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die International Association for Suizide Prevention (IASP) organisiert deshalb seit 2013 jährlich am 10. September den Welttag der Suizidprävention, an dem sie durch öffentliche Kundgebungen oder das Aufstellen tausender Kerzen Aufmerksamkeit für das Thema erreichen möchten. Vor allem junge Menschen wollen die Behörden schon früh erreichen und über depressionsauslösende Ursachen wie zum Beispiel Stress informieren. Neben Aufklärung soll der Tag „Menschen unabhängig von ihrer religiösen Zugehörigkeit einen Raum bieten, in dem der Erfahrung von Verlust und Trauer Ausdruck gegeben und miteinander geteilt werden“, heißt es auf der Website der Organisatoren.

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